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Der Podcast zur Nationalversammlung

FP03 - Präsident und Reichsverweser

28.06.2023 87 min Daniel und Solveig

Zusammenfassung & Show Notes

Am 18. Mai sind endlich die Abgeordneten unter Glockengeläut vom Römer in die Paulskirche eingezogen. Doch der erste Sitzungstag unter dem Vorsitz des Alterspräsidenten Dr. Lang gerät chaotisch. Die Hochstimmung verflüchtigt sich im Klein-klein der Geschäftsordnungsdebatte. Noch dazu gibt es Verständnisprobleme. Doch am folgenden Tag ist die Wahl des provisorischen Präsidenten gut vorbereitet. Ein Politik-Star betritt die Bühne: über alle Fraktionen hinweg erlangt Heinrich von Gagern immer wieder beeindruckende Mehrheiten. Ihm gelingt es in verfahrenen Auseinandersetzungen zwischen den Lagern Kompromisse herzustellen.
Gagerns Rede bringt auch den Durchbruch in der Debatte um die provisorische Zentralgewalt in Deutschland. So beschließt die Nationalversammlung am 28. Juni das Reichsgesetz über die Einführung einer provisorischen Zentralgewalt für Deutschland und wählt noch am Tag darauf Erzherzog Johann von Österreich zum Reichsverweser.
Ein Erzherzog als Reichsverweser sollte Einvernehmen mit den Fürsten bringen und die Zustimmung des rechten Café Milani. Das Johann mit einer bürgerlichen verheiratet war, ließ ihn wiederum volksnah erscheinen und machte ihn auch für die Linke akzeptabel. Im Juli hielt der Reichsverweser Einzug in Frankfurt und gab einen Vorgeschmack auf ein künftiges deutsches Kaisertum. Das Provisorium brachte allerdings auch Spott ein: Mal wurde er zum Reichsverfauler, mal wurde er zu "Johann ohne Land".

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Transkript

Lauter Solveig, wir verstehen dich nicht.
SOLVEIG
00:00:04
Ich verstehe mich selber nicht.
DANIEL
00:00:07
Ich glaube, du hättest in der Paulskirche einen guten Alterspräsidenten abgegeben. Ist es nicht schön? Aber Solveig hat darauf bestanden, dass es keine Verzögerung mehr geben darf bei einer neuen Folge von Flurfunk Paulskirche. Nicht, dass wir selbst vergessen, wo wir uns gerade hier befinden. Kürzlich haben wir uns erst gesehen, um für euch Sommerfolgen aufzunehmen und uns ausgiebig mit der sizilianischen Geschichte zu beschäftigen. Das wird heute tatsächlich am Rande auch noch mal vorkommen, glaube ich. Kleines bisschen. Und ja, wir haben euch ja schon lange warten lassen und über die neuesten Ereignisse in der ersten deutschen Nationalversammlung im Unklaren gelassen. Da ist so viel passiert eigentlich, aber wir sind aber nicht so richtig hinterher gekommen. Und Solveig hat nebenbei jetzt noch Dinge zu erledigen.
SOLVEIG
00:01:35
Und Sizilien hat seinen Tribut gefordert, wie man hört.
DANIEL
00:01:39
Fünf Stunden Aufnahme dieser Mammut-Geschichte. Und doch war es nur das Mittelalter. Und ja, entsprechend haben wir heute eine, man könnte sich vorstellen, du hättest auch lange im Parlament versucht, die ganze Paulskirche zu beschallen oder vor Begeisterung den Rednern zugejubelt von der Galerie aus. Ja, und ich hab's eigentlich, war ja meine Intention am Anfang, ich mach das hier so tagesaktuell, dass wir immer passend zu genau dem Datum, wo die Rede gehalten wird oder eine bestimmte Debatte geführt wird, dann auch unseren Flurfunk natürlich veröffentlichen. Aber es war vielleicht doch ein bisschen illusorisch, denn wir haben ja doch noch ein Leben nebenher und noch ein Podcast nebenher. Und ja, es macht dann vielleicht doch Sinn, bestimmte Dinge zusammenzufassen und dann etwas grundlegender zu erörtern. Aber ja, insofern haben wir heute eine Folge, die sich den großen Männern widmet, die sich dort in der Paulskirche versammelt haben. Und vor allem die zwei Persönlichkeiten werden heute im Mittelpunkt stehen. Denn wir veröffentlichen diese Folge zur Wahl des deutschen Reichsverwesers. Ganz eben aber noch nicht bei dem, sondern erst mal müssen wir dieses Parlament überhaupt erst eröffnen. Das letzte Mal, das wir uns gesehen haben im Rahmen dieses Podcasts ging es um die Schwierigkeiten bei der Wahl zur Paulskirche, vor allem, wie das in Preußen so abgelaufen ist. Die haben wir sehr spät gewählt und da sitzen wahrscheinlich schon die ersten Abgeordneten längst in Frankfurt im Römer und warten, dass die Kollegen jetzt mal langsam eintreffen. Also im Grunde versammeln die sich da jeden Tag im Römer, also im Kaisersaal und zählen dann durch und gucken, wer ist denn jetzt neu gekommen? Reicht das jetzt? Können wir jetzt anfangen? Dann sagen sie nein, dann gehen sie alle wieder in ihre Hotels zurück oder in ihre Gaststätten oder Wohnungen, die sie gemietet haben und treten sich am nächsten Tag wieder und zählen wieder durch. Und am 18. Mai 1848 ist es endlich soweit, dass genügend Abgeordnete eingetroffen sind in Frankfurt, dass man beschließt, ja, jetzt kann es losgehen. Und wer öffnet denn ein neu gewähltes Parlament? Das ist nämlich damals eigentlich genauso wie heutzutage.
SOLVEIG
00:03:59
Ich weiß, dass es da jemanden für gibt. Ich habe vergessen, wie die heißen.
DANIEL
00:04:02
Das haben wir bei der letzten Bundestagswahl geändert, aus Angst davor, der Alterspräsident könnte von der AfD kommen. Und dann haben wir das geändert, den Modus. So gesagt, das ist nicht die vom tatsächlichen biologischen Alter her älteste Person, die das machen sollte, sondern hat man es geändert. Und es geht um die Dauer der Angehörigkeit zum Parlament. Dann durfte Herr Schäuble das machen. Aber tatsächlich, traditionell, geht es eigentlich um dein wirkliches Lebensalter. Und das wird dann eben noch im Kaisersaal, im Römer bestimmt und geschaut, wer ist denn jetzt der älteste Anwesende. Und der allerälteste wollte wohl nicht, hat sich geweigert. Der wäre 73 Jahre alt gewesen. Und ich glaube, vielleicht einer ist auch noch nicht angekommen. Auf jeden Fall fällt dann die Wahl auf den Doktor und Syndikus Friedrich Lang von Werden 70 Jahre alt. Da ist Herr Schäuble drüber. Und Herr Schäuble hat das Parlament, glaube ich, schon im Griff. Das wird bei Herrn Lang anders sein. Aber erstmal schaut man nicht nur, wer sind die ältesten Personen im Parlament, sondern auch, wer sind die jüngsten. Das fand ich interessant. Das wusste ich nicht. Denn es gibt auch die Alterssekretäre. Also Herr Lang wird Alterspräsident als ältestes Mitglied des Parlaments. Und die Alterssekretäre, also die jüngsten, das fängt bei 24 Jahre an damals, die werden Alterssekretäre und müssen dann sozusagen die Botendienste im Parlament übernehmen. Also Stimmen auszählen und dergleichen die Urne ruhmreichen. Oder mit dem Hut. Am Anfang hatten sie nämlich noch keine Urne, die auch den Protokoll entnehmen können, dass die Urnen noch nicht geliefert waren. Und man dann vorgeschlagen hat, doch einen Hut zu nehmen, um damit die Stimmzettel einzusammeln. Ja, und das allererste Protokoll, Sitzungsprotokoll der Paulskirche, verzeichnet dann nach der Wahl oder nach der Bestimmung der Alterspräsidenten und des Alterspräsidenten und seines Vizes und der Alterssekretäre, wie man also dann von dem Römer in die Paulskirche wechselt. Wohl auch zur Erleichterung vieler, die den Römer da stickig und eng empfanden und froh waren, dass sie da endlich rauskommen und in einen großen Sitzungssaal umziehen. Und sie beschreiben das wie folgt, also nachdem diese Wahl geschehen war, setzten sich die deutschen Nationalvertreter in Bewegung, um im feierlichem Zuge mit entblößtem Haupte sich in die Paulskirche zu begeben. Der Austritt aus dem Römer erfolgte aus dem östlichen Portale Punkt 4 Uhr nachmittags und der Zug bewegte sich unter dem Geläute aller Glocken der Stadt und dem Donner der Kanonen über den Römerberg durch die Neue Krämer an der Börse vorbei und nach dem westlichen Eingange der Paulskirche. Den Zug eröffneten Mitglieder des Frankfurter Festkomitees unter Vortragung von zwei deutschen Fahnen. Ihnen folgten die beiden Alterspräsidenten mit den Alterssekretären, denen sich die übrigen Abgeordneten zu vieren anschlossen. Von der Treppe des Römers bildete die Frankfurter Stadtwehr Spalier bis zur Kirche und empfing den Zug mit den üblichen militärischen Ehrenbezeigungen. Der laute Vivatruf des Volkes mischte sich mit dem der Stadtwehr. Aus den Fenstern wurden Tücher geschwenkt und große schwarz-rot-goldene Fahnen wehten zur Feier des Tages aus den meisten Häusern der Stadt. Endlich ist es soweit. Die Revolution auf dem Höhepunkt und endlich das Gesamtdeutsche Parlament tritt in der Paulskirche zusammen und kann jetzt an das große Werk gehen und der Alterspräsident Dr. Lang eröffnet die Sitzung und das erste, was erschallt, lauter wir verstehen nicht, weswegen ich finde, es war recht aktuell prädestiniert, um dieses Amt zu übernehmen. Das finde ich auch sehr schön, dass nämlich die wirklich so komplette stenografische Berichte verfasst haben und auch wirklich so tagesaktuell, am nächsten Tag nehmen sie schon das Protokoll dann immer ab, wird dann nochmal berichtigt und irgendwie zwei Tage später veröffentlicht. Und eigentlich können dann alle, gut, das ist dann so zusammengefasst, dieses veröffentlichte Protokoll. Aber es gibt eben diese stenografischen Berichte, wo dann nicht nur die Reden festgehalten sind, sondern wie heute auch immer wer applaudiert, was rufen die Leute, wer ruft da was, wie verhalten die sich. Und das finde ich echt ganz unterhaltsam. Manchmal. Und ich komme gleich nochmal dazu, wie diese erste Sitzung verlaufen ist. Und ja, Gott, also man denkt sich jetzt, die kommen da rein, stimmen irgendwie das Deutschlandlied an und sagen, proklamieren den Kaiser und die Pressefreiheit und dann, und wo sind unsere Grenzen? Und dann haben wir es doch. Also erstmal wird die Frage diskutiert, ob man die Grußadresse des Bundestages beantworten soll oder nicht. Ob das nicht ein Kompliment ist und gar keine Antwort verdient. Das ist mal das erste große Thema. Dann, was braucht ein Parlament, damit es funktioniert? Eine Urne. Ihr Wut ist noch nicht da. Da kann man ja den Hut nehmen. Da waren, glaube ich, irgendwie alle einverstanden, mehr oder weniger. Eine Geschäftsordnung. Da ist das Protokoll dann so richtig aufregend. Sprechen wir doch über die Geschäftsordnung. Ich erspare es dir. Wir müssen das nicht weiter ausdiskutieren. Also da wurde schon ein Entwurf geschrieben und dann werden erst mal ein Stündchen debattiert, ob man den jetzt so annimmt, ob man den ändert, ob man noch nicht einen neuen schreiben muss. Weil das sind ja die Leute, die da schon gesessen haben, die ganze Zeit, die die niemand gewählt hat und die halt schon Dinge vorbereiten. Ich denke, es ist doch ganz praktisch, wenn wir schon mal so einen Geschäftsentwurf schreiben, Geschäftsordnungsentwurf schreiben, damit die dann auch gleich anfangen können, wenn sie da sind. Aber nein, dürften die das überhaupt und so weiter. Ihr könnt mich auch verstehen. Also ich habe mich auch aufgeregt, dass da irgendwelche selbst ernannten Leute finden. Sie könnten schon was übernehmen. Ja, und dann über die Protokolle, dass die veröffentlicht werden soll. Wunderbar. Aber soll das amtlich genannt werden oder nicht? Es geht nur um das Wort amtlich. Also sehr zu was Aufregendes gibt es da. Und ich möchte dir jetzt einfach mal, ich lese jetzt, es ist ja auch schwer, das zu einer Diskussion vorzulesen, aber einfach nur als Eindruck dachte ich, ich lese dir mal aus einer Stelle dieses ersten Tages nur die mitstenografierten Kommentare und vielleicht noch zwei Sachen zwischendurch drin vor. Und das jetzt auch ohne Erläuterung, sondern einfach nur mal so als Eindruck. Alles das, was im Protokoll in Klammern steht zwischen den Sachen, die die Redner so von sich geben. Ja, ja, und Ruf nach Abstimmung. Der Tumult und Lärm in der Versammlung steigert sich immer mehr. Nachdem die Glocke lange vergeblich ertönt hatte, eine große Zahl der Mitglieder erhebt sich, man verlangt aber die Gegenprobe. Die jetzt von ihren Plätzen sich erhebenden, bilden die Minderheit. Der Ruf nach Abstimmung unterbricht den Redner. Mehrere Stimmen. Ja, andere? Nein. Der Präsident läutet heftig mit der Glocke. Mehrere Stimmen durcheinander. Die Unruhe wächst immer mehr. Mehrere Stimmen. Nein, nein. Der Gumprechtse-Antrag zuerst. Ein alter Sekretär verließ den Antrag des Abgeordneten Gumprecht. Mehrere Stimmen. Gar kein Provisorium. Andere Stimmen. Abstimmung. Und jetzt mal ein bisschen mehr. Schaffrath von der Rednerbühne aus. Unter großem Lärmen über die Fragestellung. Lärmen und Rufen. Abstimmen. Lieber die Fragestellung. Ich habe das Wort vom Präsidenten. Fortwährendes Lärmen und der Ruf. Abtreten. Über die Fragestellung muss mir das Wort gegeben werden. Der Lärm und das Schreien wächst immer mehr. Das ist ein Machtspruch, aber nimmer mehr Gerechtigkeit. Mehrere Stimmen. Bleiben Sie auf der Tribüne. Andere Stimmen. Abstimmung. Allgemeine Unordnung und Verwirrung. Eine Stimme. Es kann nicht weiter hierüber gesprochen werden. So verpufft die Hochstimmung vom Beginn des Tages. Unter den Glocken. Also ich glaube, die Glocken läutet keiner mehr, als sie wieder rauskommen. Und der Abgeordnete Hülsmann sagte schon in einer Rede noch am Ende dieses Tages. Ich wollte nur ein paar Worte sagen, will aber darauf verzichten. Wir sind mit Glockengeläute, mit Kanonendonner eingetreten. Gewiss ein jeder von uns in erhebendem Gefühle. Der Gang der Verhandlung war rein formell. Das Gefühl, womit wir hereingekommen, nehmen die wenigsten mit hinaus. Alarm hinaus, viele Stimmen, zum Schluss, zum Schluss. Alarm hinaus voll. Ein anderer Abgeordneter schreibt dann später noch mal, ich glaube es ist ein Brief an seine Frau, so vom Eindruck dieser ersten Sitzung, der Anfang der Sitzung selbst oder vielmehr die ganze erste Sitzung, mochte die Hoffnung mancher niederschlagen. Es war ein der Fehler begangen worden, aus Pietät, den Ältesten der Versammlung, Dr. Lang, vorläufig präsidieren zu lassen. Seine Worte waren zu schwach um Verstand. Auch die Worte der Deputierten konnten von der Tribüne herab nur halb oder gar nicht aufgefasst werden. Das Volk auf den Galerien mischte zu wiederholten Malen seinen tobenden Ruf ein. Es entstand ein so schaudervoller, herzzerreißender Lärm in der Versammlung. Eine solche Verwirrung, dass mir nicht wohl dabei wurde. Und alles Geschrei bezog sich auf Formen, freilich auf solche, die notwendig erst festgestellt werden müssen, Ich bin der Meinung, dass bei dir etwas Rechtes geschehen kann. Ich kam sehr niedergedrückt in meine Wohnung. Kann sich das aber auch vorstellen, wenn man da kein Mikro hat. Ich meine, dich können wir immer noch verstehen. Wunderbar, dank moderner Technik. Aber diese Ärmsten, die müssen da ja echt schreien, eigentlich den ganzen Tag. Und wenn dann der arme 70-Jährige, keine Ahnung in welcher körperlichen Verfassung er ansonsten war, aber offenbar hatte er Probleme, es verständlich zu machen. Ja, war das wohl ein großes Chaos. Und ich kann ja auch verstehen, wenn man damit so willmachen, jetzt Deutschland ankommt und sich dann über eine halbe Stunde über das Wort amtlich das Maul zerreißt. Schreiben wir jetzt amtlich oder schreiben wir nicht amtlich? Das ist echt schon wie so ein Elternabend in der Schule. Oder was man so auf jeden Fall gerne vermeiden möchte eigentlich an.
SOLVEIG
00:14:20
Man muss ja auch im Kopf behalten, die sind diesen Ablauf nicht gewohnt. Wir wissen, wie es im Bundestag abläuft. Wenn wir da hingehen, sind da Leute, die einem sagen, wie es geht. Aber die wissen das nicht. Und ich finde, wenn man heute auch Debatten in England sich anguckt, wenn die da im Parlament diskutieren. Also so stelle ich mir das vor, nur mit mehr Leuten.
DANIEL
00:14:42
Wohl so ein bisschen Erfahrung haben die auch schon. Also die sprechen in den Debatten öfter mal davon, was denn schon Gepflogenheit sei und nach welcher Tradition man denn hier eigentlich umgehen wolle. Weil die haben natürlich zum Teil schon Konstitutionen sogar in den Staaten gehabt eine ganze Weile. Und halbwegs richtigen Parlamenten, aber mindestens diese Ständeversamlungen. Und die haben natürlich auch schon gewisse Umgangsformen eigentlich etabliert, denen man da jetzt mit der eigenen Erfahrung nach Frankfurt kommt. Und ist ja jetzt auch so ein bisschen darum streitet, nehmen wir unsere Art das zu regeln oder eure. Und dann, ja, aber so, ich finde, dieser Typus jetzt nicht über so ein Wort, dann eine halbe Stunde auseinanderzusetzen. Schreiben wir das da rein oder schreiben wir das nicht da rein? Da kann ich mich schon vorstellen.
SOLVEIG
00:15:25
Ich glaube, dass man amtlich ist, irgendwie rechtlich bindend.
DANIEL
00:15:30
Ja gut, aber ich meine, wenn das Parlament seine Sitzungen veröffentlicht, dann ist das ja eigentlich amtlich. Also wer, wenn nicht das Parlament, gibt da etwas rechtlich bindendes heraus? Ja, auf jeden Fall am nächsten Tag wird alles besser. Alle freuen sich, glaube ich, darauf, dass sie sich auf jeden Fall jetzt mal klargemacht haben, morgen wählen wir den richtigen Präsidenten.
SOLVEIG
00:15:58
Und sie sind mittlerweile alle Heiser vom Schrein.
DANIEL
00:16:01
Ja, das mit Sicherheit auch. Hoffentlich nicht Heinrich von Gagern. Das scheint nämlich schon von Anfang an irgendwie der große Kandidat gewesen zu sein für diesen Posten als Parlamentspräsident, auch wenn er am Anfang nur als provisorischer Präsident eingeführt wird für die ersten zwei Wochen. Und ja, eigentlich außer ihm scheint da niemand jetzt ernsthafte Chancen zu haben. Also ich weiß nicht, ob der da selber eine Werbetour gemacht hat oder einfach wodurch der eigentlich so wahnsinnig bekannt worden ist. Ich habe es jetzt nicht geschafft, eine ganze Biografie von ihm zu lesen. Der kommt aus einem alten Adelsgeschlecht, Pomasches, Rügensches Adelsgeschlecht. Dera von Gagern. Da kann man auf Wikipedia eine ganze Liste der bekannten Gagerns sich anzeigen lassen. Und natürlich, wenn man schon aus einem Adelsgeschlecht kommt, Papa Diplomat, dem ging es nicht so übel. Und der ist einfach auch schon big in Business, hat natürlich eine Beamtenkarriere gemacht, dann ab und zu mal so liberale Kritik geäußert. Dadurch ist er dann aufgefallen in der Revolution, wird dann der Ministerpräsident im Großherzogtum Hessen und ist natürlich auch bei dem Vorparlament schon dabei. Und deshalb ist er sicher mit einer eben der Kandidaten, die da sofort, über die sofort gesprochen wird. Und das ist aber auch ein bisschen ganz witzig, in dem Protokoll zu lesen, also die schreiben einfach die Namen von Leuten, die sie wählen wollen, direkt auf den Stimmzettel. Und dann schreibst du halt Gagern. Und dann schmeißt du das in den Hut. Und dann zählen sie aus. Und dann haben viele Leute natürlich schön hingeschrieben Heinrich von Gagern. Und ich glaube, irgendwie so fünf Leute oder so haben einfach nur Gagern geschrieben. Und da muss man erst mal klären. Ja, welchen Gagern meint sie denn? Es gibt nämlich zwei von Gagerns. In der Paulskirche, in der Nationalversammlung, gibt es nämlich noch Max von Gagern, der jüngere Bruder von Heinrich von Gagern. Und das wird dann aber schnell gelöst. Also der Alterspräsident fragt dann, ob das natürlich doch wieder eine längere Geschichte ist, bis man dann raus hat, wie man es macht. Aber im Grunde fragt er dann die, ob jemand, der Gagern geschrieben habe, nicht Heinrich von Gagern gemeint hat. Und die dürften dann ihren Stimmzettel nochmal wieder rausfischen sozusagen. Und dann steht keiner auf. Dann zählen alle Stimmen für Herrn Heinrich von Gagern. Und der bekommt immerhin 305 Stimmen. Ich bin nicht sicher jetzt, wie viele an dem Tag tatsächlich schon anwesend waren. Also es sind glaube ich über 400 auf jeden Fall. Also es ist auf jeden Fall jetzt nicht nur die Fraktion, der Herr von Gagern selbst nahe steht. Sein eigener Club ist das Restaurant, in dem er essen geht mit seinen Kollegen. Sondern er ist offenbar populär auch bei denen, die ein bisschen linker sind, als er das als hessischer Ministerpräsident überhaupt sein kann. Und dann alle sind erleichtert, als der Alterspräsident seinen Sitz frei macht. Ab jetzt genannt Präsident von Gagern, nimmt Platz auf seinem Stuhl und sagt dann offenbar in deutlich vernehmbarer Stimme. Da sind alle auch sehr erleichtert. Überwältigt, wie ich bin. Von dem Eindruck, den ihre Abstimmung auf mich hervorbringen musste, bin ich nur imstande, wenige Worte zu Ihnen zu reden. Es ist zwar ein schnell vorübergehendes Amt, das Sie mir übertragen. Nur wenige Tage, hoffe ich, werde ich dem Vertrauen zu entsprechen haben, dass die große Majorität dieser erhabenen Versammlung in mich gesetzt. Aber auch für die kurze Dauer meines Amtes werde ich genötigt sein, Ihre Nachsicht und Ihre Unterstützung vielfach in Anspruch zu nehmen. Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, dass Seine Interessen mir über alles gehen, dass Sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rennt. Stellt euch mal vor wie Bärbel Baas bei der öfterenmart.ch Fabrika Fischer für die Universität Stuttgart getroffen, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rennt. Ich gelobe hier feierlich, dass das von Ihnen gewählte Organ. Ich glaube, es wäre gleich hier, dass er sehr geschickt daran ist, das ganze Spektrum des Parlaments, also beide Seiten vor allem, mit einzubeziehen. Nämlich, dass er da von der Souveränität der Versammlung spricht, dass sie das Recht hat, alles einzusetzen, was sie für richtig findet. Und gleichzeitig, das ist natürlich vor allem wahrscheinlich Richtung linke Hälfte der Paulskirche gesprochen, und gleichzeitig spricht er dann eben von der Mitwirkung Das ist eine der größten Gründe für die Wirkung der Staatenregierung. Das gefällt dann wieder den Herrn, die auf der rechten Seite des Parlaments sitzen. So agiert er eigentlich die ganze Zeit. Deswegen kriegt er immer einen großen Zuspruch bei der ganzen Versammlung. Das Ganze schließt er noch mal mit lebhaftes, wiederholtes Bravo. Ich sprach ja schon von seiner Herkunft. Also klar, nicht nur er ist kein Unbekannter als hessischer Ministerpräsident, sondern seine ganze Familie. Und vielleicht erinnerst du dich, dass wir in unserer ersten Folge ja über diejenigen gesprochen haben, die mit diesem ganzen Vorparlament und denen das alles viel zu langsam ging, die gesagt haben, wir machen einen Marsch. Ein gewisser Herr Hacker, der seine Leute in Konstanz getroffen hat und dann gesagt hat, so jetzt marschieren wir nach Karlsruhe. Und der ältere Bruder Friedrich von Gagern, der hat die Truppen geführt, um den Hacker aufzuhalten. So ist es. Der war aber auch ganz nett. Der wollte erst mal nur mit dem reden. Er war auf der Scheidegg im Schwarzwald, ist das glaube ich, südlicher Schwarzwald. Da mussten die irgendwo durch. Und da war ein guter Punkt, ihn mal kurz zu stopfen und zu sagen, hey, kommt doch eh nicht weiter, lass es doch bleiben. Und dann haben die den da ausgeboot und zum Teufel gejagt. Und dann musste er natürlich irgendwie seinem Amt nachkommen und ist dann aufs Pferd gestiegen und hat die Truppen gegen den Hacker geführt und ist dabei gefallen. Ja, so ist es. Und unser Heinrich von Gagern selbst war auch ein junger engagierter Soldat. Mit 16 Jahren hat er bei Warthalo gekämpft in der letzten großen Schlacht und Niederlage Napoleons. Und dann hat er in Heidelberg und Göttingen studiert und noch eine ganze Weile in Genf, damit er auch ordentlich Französisch lernt, wollte der Papa. Und hat sie aber auch öfter mal so daneben benommen und auf jeden Fall musste er sich aber keine Sorgen machen. Also ich habe, ich weiß nicht mehr genau, welchen Text entnommen. Es könnte Wikipedia gewesen sein. Es war aber mit einer Quelle belegt, die ich jetzt eigentlich nicht mehr nachgeschlagen habe, dass sein Papa ihm das Jahresgehalt eines Profs zur Verfügung gestellt hat, während seines Studiums. So angeblich soll es trotzdem nicht gereicht haben und er sich noch verschuldet haben.
SOLVEIG
00:24:00
Das reicht bei den Studenten nie.
DANIEL
00:24:03
Genau, und dann hat er sich nach Jena verabschiedet. Und was ist denn Jena? Die großen Sieben, die waren in Göttingen. Das passt einfach gar nicht auf. Die waren in Göttingen. Aus Jena kommen doch die, die angeblich sich das mit schwarz-rot-gold ausgedacht haben.
SOLVEIG
00:24:21
Aber ich dachte, wir haben beim letzten Mal geklärt, dass das die Fahne war.
DANIEL
00:24:23
Ich sag doch angeblich. Also die es populär gemacht haben. Wo auch viele Lützower nachher drin waren. Genau, die Jena-Ur-Burschenschaft. Und da war der Gagern natürlich auch Mitglied. Und dann war er auch mit beim Wartburg-Fest. Also er hat die ganzen Stationen mitgemacht, die man im Vormärz so als liberaler Student... Genau, was so angesagt, was so vogue war. Genau, und dann aber reißt man sich wieder zusammen und beginnt die Beamtenkarriere, die Papa von einem erwartet.
SOLVEIG
00:24:54
Was die meisten vogue tun.
DANIEL
00:24:57
Ist aber zeitgleich auch in diversen Polenvereinen engagiert. Also es ist irgendwie doch schon so ein bisschen von dem Völkerfrühlingsgeist in ihm wach. Und das zeigt sich dann auch als der Oppositionsführer im Hessischen Landtag wird und dann eben in der Revolution tatsächlich Regierungsverantwortung bekommt. Ja, und die Paulskirche, die wählt dann eigentlich regelmäßig den Präsidenten neu. Und man weiß, denn ich glaube, am 31.05. wird er dann offiziell zum ersten Mal Präsident. Das war erst hier nur provisorisch. Aber er bleibt es dann. Und obwohl er gesagt hat, hoffentlich nur ein paar Tage. Aber was halt die Leute auch überzeugt hat, ist, dass er nämlich sofort gesagt hat und das schon in seiner provisorischen Antrittsrede da, dass er auch, dass er bereit ist oder sein müsse, wenn er den Präsident der Paulskirche dauerhaft sein soll, dass er natürlich sein Amt als hessischer Ministerpräsident aufgibt. Da gab es stürmischen, heftigen Beifall. Und das hat sich ja mitbefördert, dass er bei seiner offiziellen Wahl dann am 31.05.499 Stimmen erlangt hat von 518. Also fast einstimmig. Der große Gegenkandidat, das ist eigentlich so der bekannteste Abgeordnete heute immer, der Paulskirche, der am 9. November des Jahres sein Leben endet. Genau, sag das doch.
SOLVEIG
00:26:25
Nämlich, dass er gerade mit jener so falsch hat, habe ich mir nicht getraut.
DANIEL
00:26:29
Robert Blum gilt immer so als der Volkstribuen. Tribuen, Tribuen. Auf der Tribüne. Aber als Volkstribuen in der Paulskirche. Aber wenn es dann drauf ankommt, versagt er eigentlich ständig. Entschuldigung. Also hier war das der große Gegenkandidat gegen von Gagern auf der Linken. Und der hat aber gerade mal zwölf Stimmen bekommen. Ja, der große Robert Blum. Also das ist schon deutlich weniger, glaube ich, als selbst die linken Fraktionen in der Paulskirche. Also nicht mal seine eigenen Leute. Das steht immer vor, das würde heute irgendwie rauskommen, dass irgendwie so ein Fraktionschef in der, in dem Bundestag irgendwie nur einen Bruchteil seiner eigenen Fraktion dann hinter sich hat. Das war eine peinliche Wahl eigentlich. Aber natürlich schön für das Parlament. Also dass dann ein Präsident da ist, der ja schon annähernd einstimmig, also nur 19 Stimmen waren eigentlich gefehlt, zur Einstimmigkeit gewählt worden ist. Und jetzt mal eine kurze Testfrage für Solveig, die der Angstschweiß auf die Stirn treiben wird. Welcher Fraktion? Gut, als Präsident gehörte ihr da vielleicht nicht mehr so richtig an, aber zu welcher Fraktion gehört denn Herr Gagern wohl? Was meinst du?
SOLVEIG
00:27:39
Ich weiß noch, dass die alle nach Restaurants benannt waren. Und ich kann mich noch an den Württemberger Hof erinnern. Und an das Casino. Und Württemberger Hof hat glaube ich Blumen drin.
DANIEL
00:27:53
Nee, der war noch eins weiter. Der war noch eins weiter. Der ist auch glaube ich zwischendurch offiziell in einem dieser Clubs war. Aber das wäre der Deutsche Hof dann gewesen. Oder Donnersberg. Das sind dann die, die ganz links sich irgendwann hinsetzen.
SOLVEIG
00:28:07
Aber ich kann sonst, wie gesagt, das...
DANIEL
00:28:09
Also im Zweifel.
SOLVEIG
00:28:10
Württemberger Hof und Casino sind die einzigen, die ich kenne.
DANIEL
00:28:15
Dann 50-50.
SOLVEIG
00:28:16
Casino.
DANIEL
00:28:17
Ja, das ist es. Ist eh die größte Fraktion. Also rechts liberal, eher kleindeutsch gesinnt. Und da gehen wir jetzt aber auch noch mal zu einem Zeitzeugen. Nämlich zu dem Abgeordneten Wichmann, der diese Fraktionen, wie die sich dann bilden, noch mal beschreibt. Und das finde ich ganz schön immer, wenn man das noch mal von jemandem hört, der dabei war. Und der beschreibt das Ganze dann, als die Linke sich zuerst unter Blumsführung im Deutschen Hof konstituierte, zählte sie 104 Mitglieder. Wie peinlich, jetzt hat er nur 12 Stimmen bekommen. Von 104 Mitglieder. Ihr Gegenpol die äußerste Rechte, welche sich nach den Lokalen ihrer Zusammenkunft anfänglich die Partei zum Stein an ein Haus, später Café Milani nannte.
SOLVEIG
00:29:09
Das finde ich nicht so witzig. Das Café Milani, klingt so überhaupt nicht rechts. Die sitzen die sagen.
DANIEL
00:29:20
60er Jahre Gastarbeiter Eiskaffee. Café Milani, Café Venezia, Café Florence vielleicht noch.
SOLVEIG
00:29:27
Das sind die ultrarechten drin sitzen.
DANIEL
00:29:30
Also was heißt ultra? Gut, da können wir gleich nochmal drauf sprechen. Also, dass sie später Café Milani nannte, brachte es nur auf 40. Diese schrieb das Vereinbarungsprinzip auf ihre Fahne, also das Café Milani. Führer dieser äußersten Rechten war Georg Freiherr von Finke. Zwischen diesen beiden Polen lagen nun die Zentren, das Rechte, die Casinopartei mit anfänglich 166 Mitgliedern und das Linke, der Württemberger Hof, mit 47 Mitgliedern. So, und dann kommt es natürlich zu Spaltungen. Also, irgendwelche Leute von dem deutschen Hof sagen dann, wir gehen mal einen Café weiter in den Donnersberg, weil das ist uns irgendwie nicht republikanisch genug. Und so passiert das natürlich dann immer wieder. Es gibt auch noch so einen Pariser Hof zwischendurch. Also es wird dann irgendwie immer unklarer eigentlich. Das sind ja keine richtigen Vereine, sondern im Grunde, wenn es dir da nicht mehr passt, nimmst du halt irgendwie drei Kumpels und machst irgendwo einen neuen Club auf. Und hast dann wieder deine eigene Fraktion aufgemacht. So, und dann schreibt er aber weiter, der Herr Wichmann, der eleganteste, vornehmste von allen Clubs war selbstverständlich der aristokratische, am Rossmarkt neu errichtete Café Milani, in welchem auch die feingeselligsten Formen vorherrscht. Die Zigarre war hier verbannt. Der Adel rauchte einfach nicht. Im Donnersberg hat es wahrscheinlich die Augen nicht mehr aufgemacht. Zigarren waren hier verbannt, ebenso die Erfrischung während der Beratungen, die dann aber auch nach dem Schluss an Feinheit und Exquisität nichts zu wünschen übrigließen. Weniger aristokratisch, aber ebenfalls gemessen in den äußeren Formen zeigte sich das Casino. Die Zigarre war hier zugelassen, aber die Restauration während der Diskussion nicht. Jetzt habe ich gerade überlegt, Herr Metternich dürfte die Restauration nicht machen, aber die meinen wirklich das, worüber sich unsere Restauratorinnen immer aufregen, wenn man ihre Abteilung Restauration nennt. Die Restaurierung ist okay.
SOLVEIG
00:31:19
Ich weiß es mittlerweile nicht mehr.
DANIEL
00:31:22
Jetzt verstehe ich, dass die die Paulskirchen-Protokolle gelesen haben. Da denken doch alle an Restaurants. Ich denke da immer an Metternich. Also, Restauration war zugelassen im Casino. Also, ich kriege was zu essen. Aber nicht während der... Nein, umgekehrt, die Zigarre war hier zugelassen. Aber die Restauration während der Diskussion nicht. Schon im Landsberger und Augsburger Hof erklang mitten in die Beratungen hinein das Klappern und Klingen der Gläser und Teller. Im Württemberger Hof, wo man in einem schmalen Saal dichtgedrängt beisammen saß, pflegte man sich's an heißen Sommerabenden auch mit der Kleidung bequem zu machen. Warf Rock und Halstuch ab, einem Fremden erschien die sich so ungeniert bewegende Versammlung, weit eher als ein Studenten-Commerz, als ein Komitee von Volksvertretern. Diesen ungenierten süddeutschen Charakter trugen dann auch in diesen Clubs die Verhandlungen an sich. Jeder musste kurz und bündig vom Platz aussprechen, gelehrte Abhandlungen, doktrinäre Phrasen, wie sie so oft im Casino die Zuhörer langweilten, waren geradezu verpönt. Ganz anders wieder in den Fraktionen der Linken. Hier behauptete die Phrase ihr Recht, hier suchte man sich gegenseitig durch schwungvolle Reden voll der bekannten Schlagwörter zu erhitzen und zu überbieten. Wunderbare Beschreibung, oder? Ich glaube, wir wären dann doch in den, was war es, Augsburger Hof gegangen. Also ich hätte schon ganz gern ab und zu ein Bier, wenn so eine Rede so lange dauert. Aber ich meine, gut für die Seriosität der Aussprachen ist natürlich besser, man trinkt erst nach Fassung der Beschlüsse.
SOLVEIG
00:32:51
Ich weiß nicht, vielleicht gab es einen Schluck Wasser auch dabei.
DANIEL
00:32:54
Ja, okay, aber die wollten ja wahrscheinlich kein Wasser. So bei politischen Reden in Zelten und Gasthäusern trinkt man doch kein Wasser.
SOLVEIG
00:33:03
Aber irgendwie kommen diese Beschreibungen mir auch bekannt vor. Das ist heute glaube ich immer noch so.
DANIEL
00:33:08
Meinst du, dass wir jetzt hier die CSU erlebt haben und auf der anderen Seite die FDP.
SOLVEIG
00:33:13
Aber so ein bisschen so die Linken, vor allem so 70er Jahre Studenten.
DANIEL
00:33:17
Ja, aber das wäre ja dann nicht hier der Augsburger Hof, sondern die Linken.
SOLVEIG
00:33:21
Sind die, die sich ausziehen.
DANIEL
00:33:23
Gut, die sind auch links. Wobei er sagt ja die ganz linken, da ist er die schwungvollen Reden und die.
SOLVEIG
00:33:30
Am Anfang ist man noch locker und sagt, die können so kommen, wie er sein. Und nachher kommen dann wieder die Großen und die Großen reden. Und man versucht sich gegenseitig nur auszustechen, um besser zu sein. Das ist ja anderes, das erinnert schon so ein bisschen.
DANIEL
00:33:43
Ich hätte gerne mehr von sowas hier. Also Beobachtungen aus den Restaurants, wo sie sich da getroffen haben und wie das sich dann weiter ausgestaltet. So, was verstehst du denn jetzt unter den ganz Rechten, wenn wir das elegante Café Milani besuchen?
SOLVEIG
00:33:57
Ja, das stimmt.
DANIEL
00:33:58
Weil nicht, dass jetzt hier die Leute denken, das sind irgendwelche Nazis.
SOLVEIG
00:34:00
Nein, das stimmt. Aber die Idee ist schon irgendwie lustig, sich so Neonazis vorzustellen.
DANIEL
00:34:11
Wie hat er gesagt? Der eleganteste, vornehmste und aristokratischste, wo die Zigarre verpönt ist.
SOLVEIG
00:34:21
Es ist halt lustig, sich so ein Skinhead vorzustellen. Aber natürlich meint das Parlamentarier, die gegen die Republik sind.
DANIEL
00:34:30
Ja gut, im Casino der Herr Gagern, der ist jetzt auch kein Republikaner.
SOLVEIG
00:34:34
Naja, das hatten wir glaube ich letztes Mal, vorletztes Mal auch besprochen. Leute, die gegen die Revolution sind und das alte, gute Gottesgnadentum wieder haben wollen. Das sind die Rechten. Und die, die eben Revolution wollen, das sind die Linken zu dieser Zeit.
DANIEL
00:34:51
Und gut, ich meine auch dem Café Milani und denen, die da sitzen, die wissen natürlich jetzt, wir müssen irgendwie das fortschreiben, was hier passiert ist. Aber die wollen es natürlich so eindämmen. Also es soll dieses Parlament darf es geben, aber was die hier, wie hat er das genannt, was sie sich da auf die Fahnen geschrieben haben? Ich glaube, das Vereinbarungsprinzip hat er das genannt. Ja, das Vereinbarungsprinzip. Und das heißt eben nicht das, was Herr von Gagern gerade gesagt hat als Präsident, dass er sagt, die Versammlung hat die volle Souveränität und die Versammlung darf das beschließen, sondern die ganz rechte, das Café Milani, will das immer nur das machen, wenn die Fürsten das auch erlauben. Also wir alleine dürfen gar nichts, sondern wenn, dann können wir nur Vorschläge machen. Und wenn die deutschen Fürsten dann das für gut befinden, dann setzen wir das um. Das ist jetzt die absolut konträre Position zu den Republikanern, die ganz links sitzen. Das hat jetzt nichts mit den ultra-rechten heutzutage zu tun. Ich weiß nicht, wie viele von denen jetzt. Ah gut, diese paar Reichsbürger, die hätten natürlich auch gerne den Kaiser, wie war Heinrich der 24. Die sitzen definitiv da, aber die haben es ja nicht so mit der Legitimität, die Reichsbürger. Die haben ja keine Ahnung von Thronfolgeregeln.
SOLVEIG
00:36:13
Nee, die haben sich selber, das ist auch krass.
DANIEL
00:36:15
Die machen sich ja selber zum Kaiser. Das ist aber echt nur so, irgendwelche, die seit ihren Kinderspielen irgendwie nicht erwachsen geworden sind und sich da reinträumen in irgendeine Welt. Genau, also das ist dieses wichtige Punkt eben auf der rechten, vielleicht nicht nur Café Milani, aber so Tendenz eben eher rechts. Wir wollen es nicht ohne die Fürsten machen. Und dann gäbe es halt so eine Abstufung davon, wie weit geht das jetzt? Also behalten wir die Fürsten? Wie viel dürfen die Fürsten mitreden? Oder eben Café Milani sagt so, ohne die Fürsten geht hier überhaupt gar nichts. Das wäre dann so die extreme Position. Und diese Frage, die verbindet sich dann eben auch mit dem, was jetzt hier jetzt mal so formell der Anlass für die heutige Sendung ist. Nämlich, was ist mit der Zentralgewalt? Also bis jetzt haben wir ja nur ein Parlament, das debattiert. Aber eigentlich wollen wir ja ein deutsches Reich schaffen mit einer deutschen Regierung letzten Endes. Und irgendwelche Minister, die das umsetzen, was dann das gesamtdeutsche Parlament beschließt. Und natürlich pressiert es sie auch so ein bisschen, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Es ist ja klar. Ja, ich hab mich schon so ein bisschen angewöhnt hier an diesen 19. Jahrhundertstil.
SOLVEIG
00:37:37
Ich liebe das. Ich will das jetzt öfter haben.
DANIEL
00:37:40
Pressing. Es pressiert jetzt, Solveig. Wir müssen die nächste Folge aufnehmen. Ja, also es pressiert für sie, denn sie müssen natürlich auch irgendwie schon Ergebnisse liefern. Also das Volk auf der Straße erwartet Antworten. Ja, und das dauert aber noch eine Weile, bis wir jetzt zu den großen Fragen geklärt haben. Aber eine große Frage deutet eigentlich schon alles an. Nämlich, welche Exekutivgewalt schaffen wir jetzt eigentlich? Und man kann sich versuchen, das erst mal so übergangsweise zu lösen und so ein Direktorium einzusetzen. Da ist dann wieder die Frage, wird das dieses Direktorium, das dann aus mehreren Leuten besteht, wird das von der Paulskirche, von der Nationalversammlung besetzt, oder gestehen wir da den Staatsregierungen zu, dass die, die besetzen dürfen. Das sind schon wieder die großen Debatten, die dann gleich losbrechen.
SOLVEIG
00:38:37
Vor allem, das hat in Frankreich schon so gut funktioniert, so ein Direktorium.
DANIEL
00:38:43
Deswegen hat man sich da noch so was überlegt, so was Ähnliches wie so ein Triumvirat.
SOLVEIG
00:38:48
Hat auch super geklappt in Rom.
DANIEL
00:38:50
Aber wir nehmen die drei Onkel. Das ist ein Direktorium der drei Onkel. Also eine Überlegung. Und zwar den Onkel vom österreichischen Kaiser. Den Onkel vom preußischen König. Und den Onkel vom bayerischen König.
SOLVEIG
00:39:06
Aber es ist ja nicht überall die gleiche Person.
DANIEL
00:39:08
Das wäre noch geil. Wenn man sich das so vorher überlegt, aber wir nehmen den Onkel von dem und den Onkel von dem und den Onkel von dem und dann fällt ihnen auf, ob es die gleiche Person ist. Das wäre dann so richtig aristokratisch.
SOLVEIG
00:39:23
Genau, das kommt dem Adel nehme ich mal vor.
DANIEL
00:39:25
Der ein Problem ist über Jahrhunderte. Es gibt tatsächlich unterschiedliche Personen. Und der Onkel vom Kaiser von Österreich. Wer war noch mal der Kaiser von Österreich? Immer noch der Gültige. Der Franz Ferdinand? Nur Ferdinand. Das ist Erzherzog Johann von Österreich. Und auf den wird es nachher hinauslaufen. Also das ist der Bruder von Kaiser Franz, Franz I.
SOLVEIG
00:39:53
Aber...
DANIEL
00:39:53
Nee. Es ist ein jüngerer Bruder vom letzten römisch-deutschen Kaiser, Franz II der dann Franz I. Kaiser von Österreich wurde.
SOLVEIG
00:40:06
Nee, ich bin gerade so in der Generation verrutscht. Ich war das Ferdinand, der Bruder von Franz war.
DANIEL
00:40:14
Nee, der Ferdinand ist der Sohn. Und damit ist es natürlich auch schon interessant, dass es gleich wieder in so eine Diskussion reingeht. Und eigentlich relativ schnell diese Idee eben aufkommt. Wir nehmen jetzt irgendwie so drei Onkels von aktuellen Monarchen. Oder wir lassen die Monarchen da dieses Direktorium beschicken mit irgendwelchen Leuten. Und da ist natürlich auch klar, dass die Linke da sehr schnell Einspruch erhebt und sagt, wie kann denn das jetzt bitte sein, dass wir jetzt hier unsere Exekutive, wenn wir sie denn überhaupt schaffen müssen, auch noch monarchisch besetzen. Also all das wieder einführen, wogegen wir uns gerade aufgelehnt haben. Und der linke Abgeordnete Arnold Ruge steht dann auf in der Debatte und sagt, ich stehe im Verdachte, nicht zu den Nationalbegeisterten zu gehören. Und ich habe es gesagt, als ich in Paris war und die Deutschen in einem infamen Joche unterworfen waren, wo man uns Vermögen und Ehre raubte, weil wir für die Philosophie und für das Prinzip der Freiheit sprachen, für das, was wir jetzt überall selbst von dieser Seite her dekretieren hören, wo man uns wie Buben verfolgt hat, wo man uns sogar aus Paris ausweisen lassen konnte, damals habe ich gesagt, die Nation, die das erträgt, ist niederträchtig. Ich sage jetzt, die Nation hat dieses Joch gebrochen, sie hat die Throne erschüttert und ist vor ihnen stehen geblieben. Das ist wahr, ich erkenne es an, aber das Volk hat sich über die Throne erhoben. Es steht jetzt über den Thronen. Zwischenfrage, wer steht über den Thronen? Ist wieder jemand nicht verstanden. Wer steht über den Thronen? Stellen wir vor, das ist der alte Thronvater Jan. Er ist ein Hörrohr, das ist vergessen zu Hause. Wer steht über den Thronen? Diese hohe Versammlung, die hier versammelt ist, steht über ihnen. Diese Versammlung, die sich nicht durch Landjuncker aus Westfalen und Schlesien mit brüsken Redensarten ihre Souveränität wird nehmen lassen. Und darauf reagiert jemand vom Platz aus, nämlich Fürst Lichnowsky. Erinnerst du dich an Fürst Lichnowsky? Das war einer von den Westfalen. Und das ist der, der am 18. März oder vielmehr am 19. März eigentlich dem König das Volk am Schlossplatz vom Hals gehalten hat. Indem er gesagt hat, ihr dürft jetzt rauchen, auch im Tiergarten. Das ist der Fürst Lichnowsky. Der sitzt natürlich wo? Im Café Milani. Und der fühlt sich natürlich auch angesprochen als Landjunker aus Westfalen. Deswegen fragt er auf dem Platz nach, ist das in der Ordnung? Das ist eine Frage, die sich an den Präsidenten richtet. Der Präsident fragt jetzt mit dem Redner nach, ist dies auf bestimmte Personen bezogen? Es ist echt das Gleiche wie heutzutage im Bundestag, wenn die so einen Ordnungsruf erteilen und so weiter. Und der Redner antwortet dann, dies geht auf keine bestimmte Person, sondern auf alle Landjunge, die die Unverschämtheit gehabt haben, mit Rotomontaden und brüsken Redensarten der Republik ins Gesicht zu schlagen. Und ich behaupte, diese Versammlung ist die Deutsche Republik, wenn auch wieder willen. Herr Ruge, ich muss Sie fragen, ob solche Äußerungen, auf die Sie Bezug nehmen, in dieser Versammlung gehört worden sind und ob Rotomontaden von Landjunkern in dieser Versammlung gehört worden sind. Ich glaube, das soll ein Ordnungsruf sein. Und Ruge sagt, nein, Rotomontaden sind nicht gehört worden. Durchaus nicht. Gelächter.
SOLVEIG
00:43:42
Was?
DANIEL
00:43:42
In aller Welt sind Rotomontaden. Ist das nicht geil? Noch ein neues Wort, das wir hier lernen. Man lernt sehr viele neue Wörter, wenn man hier so reinguckt. Und Rotomontaden habe ich mir irgendwo aufgeschrieben. Jetzt finde ich es natürlich nicht wieder, was das eigentlich war. Im Grunde ist das im Sinne von Selbstbeweihräucherung. Das geht auf irgendeine Darstellung eines Königs zurück in einem italienisch sprachigen Roman des Spätmittelalters. Oder schon Renaissance. Orlando Furioso, der rasende Roland. Da gibt es einen König von irgendwas, nach dessen Namen ist das hier offenbar geläufig, den gebildeten Herrschaften der Paulskirche. Stell dir vor, der Bauer hier aus Brandenburg, wäre dahingefahren, um mitzuverhandeln, und der müsste dann aufhören, Entschuldigung, was sind Rotomontaden? Da ist noch der Graf, der ihm dann gesagt hat, schickt mal jemanden dahin, der studiert hat. Also Vater, besser bleibt bei euren Feldern. Lass diese Leute da diskutieren.
SOLVEIG
00:44:44
Ja, wenn die solche Wörter verwenden, wird es wirklich peinlich.
DANIEL
00:44:47
Da muss man so ein Wörterbuch mitnehmen. Zum Glück ist Herr Grimm dabei, der kann einem dann die Wörter erläutern, die da genutzt werden. Herr Ruge sagt, nein, Rotomontaden sind nicht gehört worden. Das Gelächter. Die heitere Verteidigung des Realismus, das ist etwas anderes. Darauf haben wir nicht zu antworten. Wenn jemand mit Heiterkeit eine Leichenrede hält, das soll ihm erlaubt sein. Also ich finde, es geht auch ganz lustig zu da, scheinbar. Und ich finde, die gehen auch irgendwie interessant miteinander um. Also so der Ruge von ganz links und der Lichnowsky und hier der andere Fürst, dessen Name mir gerade nicht einfällt, der auch im Café Milani sitzt. Das sind irgendwie mal so Widerparts auch in diesen Debatten, die dich dann offenbar sowas auch schon mal zu rufen. So, er schließt jetzt noch mit den Worten. Ich komme darauf zurück zu sagen, wenn wir unser Recht, die Zentralgewalt zu übertragen, gebrauchen, so geben wir die Souveränität des Volkes auf. Wir geben alles auf, was die nationale Partei, was der nationale Drang Deutschlands will, dass Deutschland endlich eins werde. Also diese in einen Widerspruch darin, die Nation zu schaffen und gleichzeitig diese Zentralgewalt zu erschaffen, weil sie einfach Angst haben, dass das missbraucht werden könnte, im Sinne der alten Eliten. Und es gibt dann eben auch eine Debatte darüber, ob man jetzt nicht eigentlich die Diktatur erschafft, wenn man so eine Zentralgewalt da einsetzt. Interessant ist, dass dieser Arnold Ruge, der jetzt hier so ganz links spricht und so, oh, keine Zentralgewalt und überhaupt, und sich über die Monarchen echauffiert und die Royalisten, 1866 nach Königgräz, spricht er von Beginn der preußischen Zukunft Europas. Und er ist irgendwie auch so ganz preußisch gesonnen dann auf seine späteren älteren Tage. Und auf Fürsprache eines gewissen Otto von Bismarcks bekommt er später einen Ehrensold von 3000 Reichsmark. Ist irgendwie dann doch nicht mehr so auf der ganz linken Seite, glaube ich, des Parlaments. Nee, dann hat man ja auch was zu verlieren, was man sich so erarbeitet hat. Das muss man, muss beschützt werden. So, und jetzt in dieser ganzen Debatte reicht's dem Gagern. Jetzt müssen wir hier mal weiterkommen. Und er ergreift selbst das Wort, erklärt das dann auch am Anfang seiner Rede erst mal, dass er natürlich eigentlich überparteilich versucht, hier zu arbeiten und zu vermitteln. Aber dass er ja auch gesagt habe, also wenn es etwas gibt, was sozusagen nicht im Gang der Diskussion gesagt würde und das er vertreten möchte, dann würde er eben auch selbst an die Rednertribüne treten. Und das tut er jetzt auch. Und ich hatte kurz überlegt, ob ich dir die gesamte Rede vortrage. Du würdest das wahrscheinlich einfach still erdulden. Aber ich glaube, unsere Zuhörerschaft wird es dann vielleicht doch auch ein bisschen zu viel. Und ich weiß auch nicht, ob ich jetzt hier so die weihevolle Würde eines Heinrich von Gagern hinbekomme. Aber das Ende seiner Rede beginnt mit dem entscheidenden Moment, würde ich dir gerne und euch allen vortragen. Es spricht Heinrich von Gagern. Nachdem ich die Kompetenz besprochen, so komme ich an die anderen Fragen von so hoher Wichtigkeit. Die nächste ist die, wer soll die Zentralgewalt schaffen? Meine Herren, ich habe diese Frage von dem Standpunkt des Rechts und von dem Standpunkt der Zweckmäßigkeit vielfach beurteilen hören. Ich möchte es bedauern, wenn es als ein Prinzip gelte, dass die Regierungen in dieser Sache gar nichts sollten zu sagen haben. Aber vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit ist meine Ansicht bei weiterer Überlegung wesentlich eine andere als die der Majorität im Ausschuss. Selbst eine andere als die im Schoderschen Amandement entwickelte. Amandement, auch so ein schönes Wort. Ist allerdings nicht ganz so interessant. Das sind so die Änderungsanträge. Ah, okay. Du kannst natürlich noch besser Englisch als ich.
SOLVEIG
00:48:57
Aber es kommt wahrscheinlich von mir.
DANIEL
00:48:58
Mein Vokabular in Englisch will ich nicht so umfassen. Also das Amandement. Ich glaube nicht, dass er Amandement gesagt hat.
SOLVEIG
00:49:03
Nein, also im Englisch ist es die Constitution. In den USA hat er diese Erweiterung. Diese Zusätze sind die Amendments.
DANIEL
00:49:16
Meine Herren, ich tue einen kühnen Griff und ich sage Ihnen, wir müssen die provisorische Zentralgewalt selbst schaffen. Langanhaltender stürmischer Jubelruf. Darum müssen wir sie selbst schaffen. Sie muss stark sein. Sie muss Vertrauen einflößen. Wir müssen sie aber besonders darum selbst schaffen, weil wir ihrer schnell bedürfen und weil wir nicht gewiss sind, dass sie dann schnell geschaffen werden wird, wenn wir eine Mitwirkung der Regierungen in Anspruch nehmen wollen. Es ist ein Unterschied, ob wir die Vollziehungsgewalt aus dreien oder einem bestehen lassen. Würde die Ansicht die überwiegende sein, dass sie aus dreien bestehen sollte und wir wollten die Mitwirkung der Regierungen, dann wäre die Schwierigkeit nicht so groß. Vielleicht läge die Verständigung schon vor, aber sie wäre leicht zu erreichen. Ich glaubte auch damit, nicht der Volkssouveränität zu nahe zu treten, aber die Majorität dieser Versammlung scheint mehr und mehr zu der Ansicht gekommen zu sein, die auch ich teile, dass die künftige Zentralgewalt einem Reichsverweser mit verantwortlichen Ministern übertragen werden müsste. Meine Herren, über diesen einen könnten solche Schwierigkeiten entstehen, dass wir die Regierungen nur einer großen Verlegenheit überheben, indem wir auf ihre nachträgliche Einstimmung rechnen, ihnen die Wahl und den Vorschlag erlassen. Meine Herren, es ist bereits gesagt und entwickelt, nicht die Fürsten können vorschlagen, auch nicht bloß die Regierungen als solche. In einzelnen Ländern bestehen keine so starken Regierungen, dass sie einen bedeutenden politischen Schritt tun dürften, ohne sich versichert zu haben der Zustimmung und der Mitwirkung der Stände. Es könnte sein, dass einzelne Ständeversamlungen anders dächten als wir. Und warum sollte das nicht sein? Es war ja unter uns tagelang so, dass wir zur Überzeugung kamen, dass einer besser sei und dass es fast nur einen gibt, der hier die Frage lösen kann. Ich sage also, meine Herren, wir überheben die Regierungen einer großen Verlegenheit und ich glaube, sie werden es uns danken, wenn wir sagen, wer es sein soll. Ich bin durch diese Bemerkungen zu einer neuen Frage gekommen, nämlich zu der Frage der Dreihheit oder der Einheit in der Zentralgewalt. Wollen wir, wie jetzt unzweifelhaft, der Mehrheit nach einen, so ist ein Mann hochstehend, gefunden, der der Unterstützung der Nation für die höchste Stelle sich Wert gezeigt hat und ferner Wert zeigen wird? Aus der höchsten Sphäre müssen wir den Reichsverweser nehmen, denn es gibt keinen Privatmann, der unter solchen Umständen das Amt übernehmen könnte, wie vielleicht einzelne oder auch Parteien gedacht haben. Auf der Rechten vielstimmig, bravo. Ich gehe nicht ein auf die Frage unserer künftigen Verfassung. Ich halte mich lediglich an den gegenwärtigen Zustand und die jetzigen Bedürfnisse. Ich spreche Ihnen nicht von Monarchie und Republik. Ich sage Ihnen aber, jetzt bedürfen wir eines Mannes, der hoch steht und sich der Unterstützung aller Staaten ohne Widerspruch muss versichert halten können, wenn er das Amt antreten soll, welches Sie ihm zudenken. Vielstimmiges wiederholtes Bravo. Meine Herren, nachdem ich diese Frage vor Ihnen erörtert habe, wird man, zur Linken gewendet, mir nicht mehr den Vorwurf machen, als habe ich das Prinzip der Souveränität der Nation aufgegeben, indem ich ja der Nation und ihren Vertretern in dieser Versammlung die Befugnis vindiziere, diese Wahl auszusprechen. Aus Gründen des Rechts, wie der Nationalsicherheit, der Nationalwohlfahrt, ich glaube, dass man umfassender dieses Prinzip nicht anerkennen kann. Und auch darin wird keine Abdankung dieses Prinzips gefunden werden können, wenn etwa meine Meinung, wie sie es wirklich ist, die sein sollte, dass die hochstehende Person ein Fürst sein müsse und auch sie einräumen können, nicht weil es, sondern obgleich es ein Fürst ist. Allgemeines, wiederholtes Bravorufen und Händeklatschen in der Versammlung und auf den Galerien. Meine Herren, zur ganzen Versammlung, es ist Ihnen vorhin viel Schlimmes gesagt worden von den Fürsten. Ich habe diesen Hass gegen die Fürsten nicht mit auferzogen und die Liebe zu den Menschen war mir immer näher. Auf der Rechten lebhaftes Bravorufen. Aber, meine Herren, einen Hass gegen ganze Generationen zu tragen, ohne die Personen zu bezeichnen, die etwa des Hasses wert sein könnten, das ist nicht großmütig. Auf der Rechten und auf der Galerie vielfaches anhaltendes Bravo. Nachdem die Fragen, die hier zur Sprache kommen, beantwortet und wie mich dünkt zu Genüge beantwortet habe, bleibt mir nur eins übrig. Darin aber kann ich nichts Neues sagen. Es ist mit beredterem Munde von so vielen anderen ausgesprochen worden. Ich kann nur wiederholen, einigen wir uns, soweit Einigkeit möglich. Opfern wir, was zu opfern ist, um zu erhalten und den Übergang zu erleichtern zu besseren Zuständen. Wenn wir tun, was die Wohlfahrt des Vaterlandes fordert, ohne Rücksicht auf Sophismen, die einzelnen als Prinzipien gelten, wenn wir in der Überzeugung handeln, dass das Prinzip, welches durch uns gesetzt wird, gehorsam verlangt, dann werden wir tun, was unsere Schuldigkeit. Und die Nation wird uns Beifall zurufen. Wir stellen nicht die Freiheit bloß, wir schaffen die Einheit unseres Volkes und Vaterlandes, nach der wir schon so lange uns sehnten. Stürmischer, langanhaltender Beifall von allen Seiten der Versammlung und von den Galerien. Ich habe es sicher nicht so wiedergeben können, wie Herr Gagern diese Rede gehalten hat. Schon allein, weil Herr Gagern besser Fraktur lesen kann. Oder, weil er natürlich frei spricht.
SOLVEIG
00:54:58
Wie gut, das wissen wir jetzt nicht.
DANIEL
00:55:00
Das er freigesprochen hat?
SOLVEIG
00:55:01
Nein, nein, wie gut er gesprochen hat.
DANIEL
00:55:03
Das wissen wir nicht, keine Ahnung. Wie viele Leute ihn wirklich gehört haben. Aber scheinbar scheint es still gewesen zu sein. Denn selbst auf den Galerien hat man ihn verstanden. Also die Galerie ist diese Empore, schätze ich mal. Wo die bis zu 1000 Besucher sich drängeln oder noch mehr. Wo auch ein paar Frauen, ja ich glaube nicht immer. Also nachher haben sie denen gesagt, sie sollen besser draußen bleiben. Naja, es gibt ja eine Damenloge sogar unten. Trotzdem finde ich es irgendwie ganz schön, wenn man nur meine Herren einfach sagen kann. Das macht es doch gleich erhebender. Ich bin ja auch Café Milani eigentlich im Grunde meines Herzens. Mit Ausflügen in den Augsburger Hof, um mal ein Bier zu trinken. Genau, und dann versucht der Vizepräsident doch den Berichterstatter des Ausschusses nochmal sprechen zu lassen. Es gab einen Ausschuss natürlich, der darüber diskutiert hat, erstmal so wie heute auch. Wenn man eine wichtige Frage hat, gibt es erstmal die Expertengruppe, die versucht, da das Gesetz zu schreiben. Und dieser Berichterstatter, Herr Dahlmann, berühmter Jurist, der sollte dann jetzt eigentlich nochmal reden. Also der Vizepräsident sagte, der Berichterstatter hat das Wort, aber wieder in Klammern als Kommentar, die durch die vorige Rede hervorgerufene große Bewegung dauert fort. Vizepräsident von Säuren ermahnt mit der Glocke zur Ruhe. Und dann versucht der Dahlmann zu sprechen, meine Herren, die ganze Woche lang, die Unruhe dauert fort. Und dann, ich bitte um Ruhe. Und so geht es weiter. Und dann wieder laut. Also der Dahlmann kann wohl auch nicht so laut sprechen. Auf jeden Fall ist damit aber die Grundlage gesetzt. Und wieder macht er eigentlich so was Ähnliches wie bei seiner Wahl. Er tut den einen was Gutes und den anderen. Und er sagt, wir, das Parlament, wir haben die Souveränität, wir aus eigener Kraft dürfen jetzt einen Reichsverweser einsetzen. Und dann aber sagt er, es muss ein Fürst sein. Und die einen jubeln und die anderen jubeln. Und plötzlich hat er sie wieder alle zusammen. Also er muss ein echtes so, ich weiß nicht, ob der einfach nur schlau war oder ob der auch Charisma hatte, dass sie hier alle plötzlich so von den Bänken aufspringen und laut jubeln. Und auf jeden Fall hat er ja schon jemanden im Blick, der schon bei den Onkeln mitgedacht war, nämlich den Erzherzog Jürgen von Österreich. Und der soll es nun werden und der wird tatsächlich dann auch, kurz darauf wird dann eben das Gesetz über die provisorische Zentralgewalt beschlossen. Es soll also diesen Reichsverweser geben. Du weißt wahrscheinlich besser, was ein Verweser ist als ich. Das klingt so mittelalterlich.
SOLVEIG
00:57:37
Also der Verweser ist ja eigentlich nur jemand, der sich drum kümmert, solange der wahre Machthaber nicht da ist.
DANIEL
00:57:46
Aber warum hat das, warum klingt das so komisch mit Verwesung? Und hat das den gleichen Ursprung in irgendwas?
SOLVEIG
00:57:53
Es kann irgendwie aus dem Mitteldeutschen kommen von Verwaltung und Verwesen.
DANIEL
00:58:02
Es klingt ein bisschen komisch, es gibt tatsächlich damals dann auch Witze. Also die, die das mit dem Johann der Reichsverweser doof finden, die machen natürlich auch Witze dahingehend. Was das mit Verwesung zu tun hat. Genau, dieses Gesetz über die provisorische Zentralgewalt, das wird halt am 28. Juni verabschiedet. Und es soll den Reichsverweser geben, von der Nationalversammlung gewählt, so wie Herr von Gagern das hier entwickelt hat und letztlich der Ausschuss auch schon vorbereitet hat, es und zwar eben die Nationalversammlung das Recht in einzusetzen, ohne Einvernehmen mit den Fürsten vorher herzustellen. Da müssen natürlich viele beim Café Milani dann doch nochmal die Zähne zusammenbeißen. Beziehungsweise sie haben dann eine Erklärung vorbereitet, das ist dann im Protokoll auch immer nochmal nach jedem Absatz, der wieder beschlossen wird zu dem Gesetz, hat dann irgendeine Gruppe von Abgeordneten nochmal eine Erklärung vorbereitet, unter welchen Bedingungen sie hier zustimmen oder das ablehnen. Und die erklären dann natürlich auch, wir haben jetzt hier zugestimmt, aber natürlich gehen wir davon aus, dass, aber okay, erstmal ist es beschlossen. Und es soll verantwortliche Minister geben, also Minister, die vom Parlament abhängen. Allerdings, und das ist dann wieder bei der Linken sehr verpönt, der Reichsverweser selbst soll nicht verantwortlich sein, also dem Parlament seine Rede und Antwort stellen, wenn es drauf ankommt. Und das heißt halt schon, das zeigt sehr deutlich, in welche Richtung es geht, auch wenn Herr Gagern sagt, das ist hier kein Vorentscheid über Monarchie und Republik, ist es aber doch. Im Grunde ist das ganz einfach ein Pseudo-Kaiser. Ein Kaiser, der nicht so heißen darf, aber genau diese Funktion hat. Der hat dann Minister und die müssen alles regeln, und die sind dem Parlament verantwortlich, er selbst, als die eigentliche Reichsgewalt, aber nicht. Und dann sieht man eigentlich schon, in welche Richtung sich das dann später auch weiterentwickelt. Ganz süß fand ich, dass die Sitzung dauernd lange dauert, und man kriegt es auch irgendwann nicht mehr mit, und wenn man über jeden Absatz einzeln abstimmt. Und dann gibt es noch diese Amendements, also die Änderungsanträge, und da muss man wieder abstimmen. Dann müssen sie immer klären, müssen wir jetzt namentlich abstimmen, oder reicht das, wenn man aufsteht? Dann müssen sie erst darüber abstimmen, ob sie namentlich abstimmen und so weiter. Und da kommt es irgendwie schon mal ein bisschen durcheinander. Und zum Beispiel im Protokoll festgehalten ist nochmal hier der Herr von Lichnowsky, mein Lieblingsfürst aus Berlin. Und Lichnowsky geht dann vor Verkündung des Resultates der Abstimmung über den Reichsverweser, hat dann nochmal kurz das Wort ergriffen und gesagt, meine Herren, es ist mir sehr unangenehm, erklären zu müssen, dass ich vorhin bei der Abstimmung sehr zerstreut war. Ich habe nach meiner innersten Überzeugung nie anders stimmen wollen als mit Ja. Aber im Protokoll steht jetzt halt Nein. Das kommt mir noch ein paar Mal vor. Nein, war das jetzt diese Frage? Oh, ich dachte, wir stimmen über das andere ab. Dann würde ich also doch gerne mit Nein stimmen, oder doch? Ich wollte doch eigentlich Ja sagen. Das ist eigentlich ganz süß, dass sie irgendwie so ein bisschen abgelenkt sind zwischendurch. Oder auch nicht mehr können, wahrscheinlich einfach. Genau. Und der Reichsverweser wird beschlossen, mit 450 Ja und 100 Nein stimmen. Das Gesetz über den Reichsverweser bzw. die provisorische Zentralgewalt. Und am nächsten Tag, 29. Juni, wird der Reichsverweser tatsächlich auch gewählt. Und zwar so, dass jeder im Grunde am Platz aufsteht und den Namen dessen ausspricht, den er für den Richtigen hält. Und oh Wunder, 436 Mal hört man Johann von Österreich. Also der hatte irgendwie, da offenkundig schon, ein Standing. 52 Mal Heinrich von Gagern, was er gar nicht wollte. Das war einfach nicht sein Interesse. Und ja, es war wohl erwartet worden, dass vor allem die Linke für Heinrich von Gagern stimmt. Einfach aus Prinzip, dass das ein bürgerlicher sein soll und einer aus der Paulskirche selbst sozusagen. Und dann haben sich ein paar gewundert, dass ernsthaft 32 Leute für Adam von Itzstein, so ein Alt-Linken, der eigentlich auch schon wahrscheinlich kaum noch zu verstehen gewesen wäre, tatsächlich gestimmt haben. Und eine Stimme für Erzherzog Stefan. Ich habe jetzt nicht mehr nachgeguckt, wer der Stefan ist. Also er muss einen Fan gehabt haben. Ich weiß nicht, ob es ein jüngerer Bruder vom Johann oder ein älterer ist. Und ja, nach der Abstimmung greift der Präsident noch mal das Wort. Ich proklamiere hiermit Johann Erzherzog von Österreich zum Reichsverweser über Deutschland. Es erschallt ein dreimaliges Hoch in der Versammlung und von der Galerie sowie das Leuten aller Glocken und Kanonensalven. Im Protokoll festgehalten. Er bewahre seine allzeit bewiesene Liebe zu unserem großen Vaterlande. Er sei der Gründer unserer Einheit, der Bewahrer unserer Volksfreiheit, der Wiederhersteller von Ordnung und Vertrauen. Nochmals, Erzherzog Johann, der Reichsverweser, er lebe hoch. Die Versammlung sowie die Galerie stimmen in diesen Lebehoch-Ruf ein. So, damit ist es beschlossen. Ist aber auch schön, der Wiederhersteller von Ordnung und Vertrauen. Das hatten wir auch schon öfter, wie eine große Rolle das spielt, dass doch bitte die Ordnung wiederhergestellt werden solle. Also, die sind eben doch nicht so richtig Revolutionäre. Die Mehrheit in der Paulskirche sind dann doch in den anderen Clubs, ohne Zigarre und mit Getränken erst hinterher. So, wer ist der Johann von Österreich? Das ist eigentlich auch ganz interessant. Hast du mit dem, du als Habsburger Freundin, hast den gekontert ignoriert?
SOLVEIG
01:03:32
Ich fange erst mit Franz-Joseph an.
DANIEL
01:03:33
Das ist ja hier parallel, der Franz-Joseph wird ja bald Kaiser.
SOLVEIG
01:03:37
Aber der Johann ist ja noch die Generation drüber. Also ich weiß nicht, mit Ferdinand, wie gesagt...
DANIEL
01:03:44
Der Onkel ist echt krass. Er ist der Onkel von Kaiser Ferdinand. Kaiser Ferdinand ist der Onkel von Franz Joseph. Das ist schon ein ordentlicher Altersunterschied.
SOLVEIG
01:03:52
Das ist wahrscheinlich auch deswegen der Reichsverweser.
DANIEL
01:03:56
Oh Gott, du bist doch gemein. So alt war er jetzt auch noch nicht.
SOLVEIG
01:04:02
Als ob ich die erste wäre, die diesen Witz gemacht hat. Die haben das damals auch schon gesagt.
DANIEL
01:04:06
Aber du hast recht, er ist immerhin schon 1782 in Florenz geboren. Als Sohn des römisch-deutschen Kaisers Leopold II. Damals noch, glaube ich, Großherzog von Florenz. Die hatten ja da ihre Großherzogtum damals mit dem Tausch. Und so, Marietta ist jetzt zu weit. Aber ich finde es auch immer krass, natürlich ist das noch nicht so lange her, aber man befindet sich so 1848, der deutsche Nationalstaat. Und dann kommt da jemand und sagt, ja, ich bin 1782 in Florenz geboren, Sohn des Großherzogs der Toskana. Ja, aber wirklich. Das wirkt echt so fern da.
SOLVEIG
01:04:49
Der kommt auch noch mit Perücke.
DANIEL
01:04:52
Ja, der hätte eine Perücke vertragen, weil der sieht schon ein bisschen traurig aus. Er hat auch so diese Kopfform von Kaiser Franz und von Ferdinand. Er ist, glaube ich, noch so nachgeschönt bei manchen Darstellungen. Der hätte die Perücke eben ganz gut getan. Und immerhin, es ist eigentlich toll, dass er den Job gekriegt hat. Er ist das 13. Kind von Leopold II der neuntgeborene Sohn.
SOLVEIG
01:05:15
Wer hätte schon die Toskana bekommen?
DANIEL
01:05:20
Ich weiß nicht, wer die neuntgeborene ist, der hätte gar nichts bekommen. Der darf in der Steiermark irgendwas machen. Der ist der Graf in der Steiermark. Irgendwie ein neues Rathaus eröffnen oder so, keine Ahnung. Stell dir das mal vor, der Max, der jüngere Bruder von Franz-Joseph, hat bei der Sisi schon so einen Aufstand gemacht, dass er irgendwie, was soll ich mit meinem Leben anfangen? Und er ist immer noch Kaiser von Mexiko geworden. Und hier, Jürgen von Österreich, mein Haar, war sie deutscher Kaiser geworden. Zumindest durfte er sich ein paar Monate lang so fühlen, als ob er das wäre. Aber was denn so attraktiv macht und warum auch so viele Linke am Ende für den Stimmen? Ja, also ich meine, guck noch mal nach, was habe ich gesagt, wie viel Stimmen hat er gekriegt? 436. Also der ist ja nicht das Niveau von Heinrich von Gagern als Parlamentspräsident, aber doch auch eben nicht nur bei der Rechten populär. Und das liegt wahrscheinlich ganz wesentlich daran, dass er 1819 sich verliebt hat. In eine Bürgerliche. Die Tochter eines Postmeisters. Er war, wie alt, 37? Muss ich noch mal nachrechnen. Egal, er ist schon etwas älteres. Sie war zart, das ist 15. Ganz Habsburgische Tradition. Aber es war lieber auf den ersten Blick.
SOLVEIG
01:06:42
Bei ihm sicher.
DANIEL
01:06:43
Bei ihm sicher. Der Postmeister hat sich gesagt, Kind, das ist die Chance. Mach was. Sei nett zu dem Onkel. Das ist aber auch nur unsere Fantasie. Vielleicht war sie wirklich ganz begeistert.
SOLVEIG
01:06:58
Auf jeden Fall.
DANIEL
01:07:00
Von dem Johann. Und der Johann hat sechs Jahre gewartet, bis dann endlich mal der Kaiser ihm erlaubt hat, sie zu heiraten. Es muss Liebe gewesen sein.
SOLVEIG
01:07:11
Von seiner Seite.
DANIEL
01:07:13
Vielleicht auch von ihrer. Jetzt hör doch mal auf. Auf jeden Fall wird es damals anders wahrgenommen. Nicht so wie von uns hier. Sondern das macht ihn populär. Er ist ein volksnahe Habsburger. Ein Volkserzherzog. So kommt er eben rüber. Und er war auch beim Widerstand gegen Napoleon in Tirol dabei. Auch das macht ihn populär. Aus dem Volke heraus. Diese Hofer war das. Andreas Hofer. Die Widerstandsbewegung. Dann ist er sehr sozial engagiert. Im Hungersommer sorgt er da für die Armen. In Tirol oder Steyr. Wo auch immer er gerade da unterwegs war. Aber ja, wie gesagt, manche machen sich über ihn lustig als den Reichsverfauler. So, aber es macht sich natürlich jetzt eine Deputation auf den Weg nach Wien. Denn der muss ja nach Frankfurt eingeholt werden. Als Quasi-Kaiser. Und der Erzherzog begrüßt sie dann mit dem Widerstand. Ich fühle mich geschmeichelt und geehrt durch die auf mich gefallene Wahl zu der wichtigen Stelle des Reichsverwesers, welcher, wie die Bundesversammlung mir angezeigt hat, die deutschen Regierungen ihren Beifall gegeben haben. Möge mir Gott die nötige Kraft geben, meiner schweren Aufgabe zum Wohl des Vaterlandes zu entsprechen, möge mich hierin die Mitwirkung aller Vaterlandsfreunde gehörig unterstützen, nur durch Einigkeit, gegenseitige Mäßigung, Uneigennützigkeit der Absichten und Liebe zur Gerechtigkeit gelangen wir zu dem gewünschten Ziel. Ich, meine Herren, ich bitte davon überzeugt zu sein, bringe keinen anderen Ehrgeiz mit, als dem gemeinsamen Vaterland in einem vorgerückten Alter alle meine letzten Kräfte zu weihen. Oh Gott, wir sind wieder bei dem Volks- bei dem Reichsverfauler. Zeit ja auch selbst schon so gesehen zu haben, wobei der possiert wahrscheinlich nur damit. Ja, ein bisschen Aufmerksamkeit damit erregt mit seinem ersten Satz. Du hast jetzt einfach so hingenommen. Das war gerade abgelenkt. Weil ein hübscher Abgeordneter um die Ecke kam. Ich lese nochmal den ersten Satz vor. Ich fühle mich geschmeichelt und geehrt durch die auf mich gefallene Wahl zu der wichtigen Stelle des Reichsverwesers, welcher, wie die Bundesversammlung mir angezeigt hat, die deutschen Regierungen ihren Beifall gegeben haben. Von der Paulskirche ist da nicht die Rede. Nein, die Bundesversammlung ist die Versammlung des Deutschen Bundes. In Frankfurt am Main. Aber nicht die konstituierende Nationalversammlung. Das ist doch ein bisschen betrüblich, oder? Nachdem Heinrich von Gagern sich hier so engagiert hat, und wir wählen jetzt den Reichsverweser, und ich möchte, dass es ein Fürst ist, weil nur eine hochgestellte Persönlichkeit kann die anderen davon überzeugen, dann bedankt sich dann dieser vom Volke quasi indirekt gewählte Fürst, Reichsverweser, als erstes Mal bei der Bundesversammlung des Deutschen Bundes und den deutschen Regierungen, die ihre Zustimmung gegeben haben, dass er das machen darf. Da sind wohl einige, glaube ich, so ein bisschen geknickt gewesen.
SOLVEIG
01:10:14
Was hat man davon, wenn man einen alten Fürsten wählt?
DANIEL
01:10:16
Ja, aber das ist doch ein Volksnaher. Aber eben doch ein Patriarch. Ein guter Papa ist immer noch ein Papa. Aber nichtsdestotrotz, es sind natürlich am Ende doch alle begeistert. Die Stadt wird geschmückt. Und am 11. Juli 1848 hält der Reichsverweser Erzherzog von Österreich Einzug in der Reichsstadt Frankfurt. Der Kaiser kehrt heim. So ist zumindest der Eindruck, den die Menschen haben. Und tatsächlich, die Bundesversammlung, die Fürsten des Reiches haben ihre Zustimmung gegeben. Denn am Folgetag, 12. Juli, überträgt der Bundestag das oberste Gremium des Deutschen Bundes alle seine Befugnisse auf den Reichsverweser. Also wir sind immer noch dabei, dass, obwohl jetzt an vielen Stellen in manchen Staaten, wie zum Beispiel in Österreich, in Preußen, schon die Reaktion so langsam wieder Füße fasst, die aber doch immer noch so auf der Schiene sind, wir kooperieren mit denen und gucken offenbar doch auch mal, was dabei rauskommt, ob das nicht auch irgendwas sein könnte, was wir dann wieder weiter benutzen können. Das finde ich immer schon interessant. Zwischen diese Reaktion, Niederschlagung von Aufständen und auf der anderen Seite ja, wir akzeptieren das, was die Paulskirche den Reichsverweser wählt, übertragen wir dem jetzt alle Befugnisse des Deutschen Bundes.
SOLVEIG
01:11:40
Na gut, er hat dir schon gezeigt, wem er wirklich die Loyalität schuldet.
DANIEL
01:11:45
Ja, letzten Endes schon. Aber so einfach ist es dann auch wieder nicht. Also er ist dann zum Beispiel 1849, als die Reaktion dann doch immer stärker wird und seine Kollegen, Fürstenkollegen, eigentlich erwartet hätten, dass es mal Zeit ist, für ihn jetzt hier zurückzutreten, weil das wird ja eh nix mehr. Zumal, Spoiler, das ganze Projekt ja dann am Ende scheitert.
SOLVEIG
01:12:07
Was?
DANIEL
01:12:07
Der ist dann aber immer noch Reichsverweser. Also wird dann eigentlich von ihm erwartet, dass er zurücktritt und sich wieder irgendwo in die Berge zurückzieht. Oder dann wird er dann später Bürgermeister von irgendeinem steirischen Ort. Aber erstmal weigert er sich da beharrlich und möchte Reichsverweser bleiben. Also es scheint ihm dann doch gefallen zu haben. Und hat sich natürlich darauf berufen, dass ja schließlich die Deutsche Nationalversammlung ihn zu diesem Amt berufen hat. Also schon ein bisschen auf den Geschmack gekommen in der Zeit, die er dort verbracht hat. Ja, aber neben den ganzen Kanonendonner und Glockengeläut und salbungsvollen Reden, die dann gehalten werden, gibt es eben doch auch so ein bisschen bösere Zungen. Natürlich eher republikanisch gesinnte Zungen, die dann sowas sagen wie hier Reichsverfauler. Und auch die Breslauer, also die Schlesische Zeitung, die hatten wir glaube ich auch schon mal zitiert. Die hatte dann schon mal irgendwie so nette Kommentare immer schreibt. Die haben auch einen Text dann herausgebracht, den ich dir auch gerne noch vortragen möchte. Ich finde das eine interessante Darstellung hier der deutschen Geschichte Mitte des 19. Jahrhunderts. Frankfurt ist das Vaterland Goethes und Hampelmanns, der Fabrik von Leberwürsten und Bundestagsbeschlüssen, welche beide so schwer zu verdauen sind. Frankfurt ist gewiss von einem Pariser Schneider erfunden worden, der ein Kleidungsstück liefert, das sich so und so oft verwandeln lässt. Zur Zeit der Kaiser war es ein Staatsfrack, steif und mit Gold gestickt, in welchem man nur die allerhöchsten Feierlichkeiten vornimmt. Als aber der deutsche Kaiser sein Gold ausgezogen hatte, gefiel ihm sein Frag Frankfurt auch nicht mehr. Der Glanz war weggetrennt und man sah nichts als die Stiche. Deshalb befragte er 36 gute Freunde und man beschloss den großen Schlafrock des großen Deutschlands, in welchen alle Provinzen hineinschlafen mussten, damit ihnen der Westwind nicht schade. Denn vielleicht können Baden und Reinpreußen einen Schnupfen kriegen und wenn die einmal zu Niesen anfangen, dann helft Gott. Der Schlafrock wurde auch über die Ohren gezogen, denn das Sausen des Gehörs ist ein gar schlimmes Übel. Und da Deutschlands Ohren immer länger wurden, so sah sich der Bundestag gezwungen, den Schlafrock immer weiter hinauf und enger zusammenzuziehen. Damit er ja recht festhalte, so wurde er auch von ganz Deutschland gut gefüttert, sodass das Ganze fast zu warm wurde. Jeder, der einen Schlafrockbesitz weiß, wenn man einen solchen 33 Jahre lang hat, wird er abgeschabt. Unser Schlafrock, respektive Bundestag, war auch längst schlecht innen und außen. Und man konnte sich vor fremden Leuten gar nicht mehr sehen lassen. Da kam etlichen 30 ein guter Gedanke. Sie ließen ihn überziehen, und zwar mit schwarz-rot-goldem Zeug. Aber er bekam wieder das alte Futter, die alten Säcke und Finanzen. An den Ärmeln waren zwar die Knöpfe der Zensur offen, und Deutschlands Armgelenke regten sich freudig in der bequemen Kühle der Pressfreiheit, aber die bürokratischen Knöpfe und die Löcher des Spießbürgertums waren noch daran, und so konnte man immer wieder zuknöpfen und Zensur einführen. Aber Deutschlands Knöchel schwollen. Und sein Arm wurde zu dick. Um aber wieder auf den Schlafrock zu kommen, so war der Geschmack der etlichen Dreißig keineswegs der des Volkes. Es nahm sich aus, den Zeughäusern Scheren zu leihen und schnitt aus dem Schlafrock für Deutschland eine Turnerjacke. Die Fürsten haben Deutschland ausgezogen, das Parlament ist nun beisammen, um ihm die Turnerjacke anzulegen, damit es ein wenig springen und voltigieren könnte. Die Welt ist der Turnplatz für seine Kraftübungen und die Achtung des Auslands, der weiche Boden, auf welchem es sich nicht beschädigt und nicht geprellt wird. Die alten Vorurteile sind die hölzernen Rosse, über die es sich hinwegschwingt, die Diplomaten sind die Stricke, woran es zum Vergnügen schaukelt. Die Einigkeit endlich ist der Mast, den es erklettert, oben mit den Wettpreisen der Freiheit geschmückt. Also Glück auf Deutschland und Frankfurt zu seiner schwarz-rot-goldenen Turnerjacke. Wir haben ja schon mal mit den Turnern geendet, die damals irgendwas vorgeturnt haben, bei dem Vorparlament, als sie fertig waren, und sich noch einen extra Dank bekommen. Also die Turner spielen eine große Rolle. Und der Turnvater Jan, na gut, dem wird von vielen, glaube ich, im Parlament auch eher ein bisschen komisch angeguckt. Das ist ein bisschen skurriler Typ in der ganzen Runde. Aber die Turner sind natürlich ein wichtiger Teil dieser Nationalbewegung. Und deshalb also diese Anspielung. Aber ich möchte jetzt doch nicht mit diesen Turnern hier enden, sondern mit meinem absoluten Favoriten aus dieser Epoche, nämlich Heinrich Heine. Und Heinrich Heine hat ein Gedicht geschrieben, das heißt Johann ohne Land. Und damit meinte natürlich niemand Geringeren als den Erzherzog Johann von Österreich, der sich mit den folgenden Worten von seiner Gattin verabschiedet. Lebt wohl mein Weib, sprach Hans ohne Land, mich rufen hohe Zwecke. Ein anderes Weitwerk, Harret mein, ich schieße jetzt andere Böcke. Ich lass dir mein Jagdhorn zurück, du kannst mir tuten, wenn ich entfernt. Die Zeit dir vertreiben, du hast ja zu Haus das Posthornblasen gelernt. Ich lass dir auch meinen Hund zurück, dass er die Burg behüte, mich selbst bewache mein deutsches Volk mit pudeltreuem Gemüte. Sie bieten mir an die Kaiserkron, die Liebe ist kaum zu begreifen, sie tragen mein Bild auf ihrer Brust und auf den Tabakspfeifen. Ihr Deutschen seid ein großes Volk, so simpel und doch so begabelt. Man sieht euch wahrhaftig nicht an, dass ihr das Pulver erfunden habt. Nicht Kaiser, Vater will ich euch sein, ich werde euch glücklich machen. Oh schöner Gedanke, er macht mich so stolz, als wäre ich die Mutter der Grachen. Kennst du die Grachen? Wer sind die Grachen? Und was haben die gemacht?
SOLVEIG
01:18:12
Die haben, um Gottes Willen, die haben, also, ich glaube, ich tibere die, aber das waren auch so frühe Autokraten, die so ein bisschen die Republik zu ihrem Vorteil nutzen wollten.
DANIEL
01:18:26
Nicht mit dem Verstand, nein, mit dem Gemüt will ich mein Volk regieren. Ich bin kein Diplomatikus und kann nicht politisieren. Ich bin ein Jäger, ein Mensch der Natur, im Walde aufgewachsen, mit Gämsen und Schnäpfen, mit Rehbock und Sau, ich mache nicht Worte, nicht wachsen. Ich ködere durch keine Proklamation, durch keinen gedruckten Lockwisch. Ich sage mein Volk, es fehlt der Lachs, begnüge dich heut mit dem Stockfisch. Gefall ich dir nicht als Kaiser, so nimm den ersten besten Lausangel, ich habe zu essen auch ohne dich. Ich litt in Tirol nicht mangel. So rede ich, doch jetzt mein Weib lebt wohl. Ich kann nicht länger weilen, des Schwiegervaters Postillon erwartet mich schon mit den Gäulen. Such mir geschwind die Reisemütz mit dem schwarz-rot-golden Bande, bald siehst du mich mit dem Diadem im alten Kaisergewande. Bald schaust du mich mit dem Pluvial, dem Purpur-Talar, dem Schönen, den Weiland, dem Kaiser Otto geschenkt, der Sultan, der Sarah Zehnen. Und damit sind wir bei dem Verweis auf unsere aktuelle Reihe bei Flurfunk Geschichte über die Geschichte Siziliens.
SOLVEIG
01:19:28
Beziehungsweise nach, nicht bei dem Kleidungsstück.
DANIEL
01:19:31
Nicht bei dem Kleidungsstück?
SOLVEIG
01:19:32
Nee, das Kleidungsstück, da nach.
DANIEL
01:19:33
Ach so, darunter trage ich die Dalmatika. Worin gestickt mit Juwelen ein Zug von fabelhaftem Getier, von Löwen und Kamelen, weil?
SOLVEIG
01:19:43
Die Dalmatika ist das Krönungsonderdruck des Zweiten.
DANIEL
01:19:46
Ah, ein normannischer König für Sizilien. Aber dazu hier nicht mehr.
SOLVEIG
01:19:52
Beziehungsweise, wenn man fragt, was hat das mit dem Reich zu tun? Kaiser Friedrich II ist damit auch gekrönt worden. Und damit ist das in deutschen Besitz gegangen.
DANIEL
01:20:03
Und immerhin so präsent, dass auch Heinrich Heine. Das hier mit hineinbringt.
SOLVEIG
01:20:08
Das musste noch Franz II.
DANIEL
01:20:11
Franz II römischer Kaiser. Genau, hat es dann gehabt. Krass. Wie alt war das da zu dem Zeitpunkt?
SOLVEIG
01:20:18
600. 700. Roger II war 1100.
DANIEL
01:20:25
Also das ist die Darmatika, worin gestickt mit Juwelen ein Zug von fabelhaftem Getier von Löwen und Kamelen. Ich trage die Stola auf der Brust. Die ist gezierend bedeutsam, mit schwarzen Adlern im gelben Grund. Die Tracht ist äußerst kleidsam. Le Bull. Die Nachwelt wird sagen, dass ich verdiente, die Krone zu tragen. Wer weiß, die Nachwelt wird vielleicht halt gar nichts von mir sagen. Ich fürchte, da hat er recht. Also wer sich jetzt nicht speziell für die Revolution von 1848 interessiert oder Flurfunk Paulskirche hört, wird wahrscheinlich nicht mehr viel wissen von Erzherzog Johann, dem Reichsverweser.
SOLVEIG
01:21:05
Ich würde behaupten, der berühmteste bei Reichsverweser ist der von Gondor.
DANIEL
01:21:10
Ich wollte gerade sagen, daher kenne ich das nämlich auch.
SOLVEIG
01:21:13
Da gibt es auch einen.
DANIEL
01:21:14
Oder wie heißt der? Hausmeier hieß das doch auch, oder? Solche Vertreter. War das nicht bei den Karolingern? Karl Martell? Der war doch so ein Hausmeier. Also auch so ein Reichsverweser. Aber der ist bekannter, glaube ich, als der Johann.
SOLVEIG
01:21:26
Aber dieser Begriff Reichsverweser, den hat Tolkien, beziehungsweise die, die Tolkien übersetzt haben, ist deutsch.
DANIEL
01:21:34
Also zumindest das Wort ist geblieben von dieser Schöpfung der ersten deutschen konstituierenden Nationalversammlung. Und ja, wir werden uns jetzt nicht immer an die Daten halten, sondern so denke mal, dass wir in unregelmäßigen Abständen die interessantesten Debatten, um die es geht, so zusammenfassen. Da ist nämlich auch noch einiges passiert in der Zwischenzeit, was ich einfach ausgelassen habe, und zwar gar nicht so wenig. Es gibt diverse Aufstände. In Mainz gerät das Volk mit die preußischen Soldaten aneinander. Darüber wird regelmäßig in Frankfurt auch debattiert, was denn da los ist in Mainz. In Mainz ist immer was los. Die haben sich schon wieder erinnert, dass sie schon die erste Republik war und wollten jetzt die Preußen da wieder loswerden. Dann in Wien gibt es wieder Auseinandersetzungen. In Prag die Tschechen, die da irgendwie nicht dabei sein dürfen, auch eigentlich gar nicht wollen, und das jetzt auch mal deutlich artikulieren. Die werden dann auch wieder niedergeknüppelt, damit sie verstehen, dass sie jetzt mal schön zu Österreich gehören, und das wird natürlich in der Paulskirche auch noch debattiert. Und dann haben wir natürlich noch die große Debatte, was ist denn jetzt hier mit den Posen und den Polen, die dann plötzlich anfangen, nicht nur dem russischen Teil Polens die Freiheit zu verlangen, sondern eben auch im zu Preußen gehörigen Großherzogtum Posen, wo dann die Preußen auch nicht zimperlich sind, dabei wieder für Ordnung zu sorgen. Und die meisten in der Paulskirche das wohl gar nicht so schlecht finden. Aber das besprechen wir dann zu einem späteren Zeitpunkt. Und außerdem läuft die ganze Zeit schon der Krieg gegen Dänemark. Auch das müssen wir dann nochmal besprechen, wenn es der erzwungene Friedensschluss, ich glaube, es war im August, erfolgt. Die Ungarn sind auch noch dabei, wobei die sind mir jetzt mental schon sehr weit entfernt.
SOLVEIG
01:23:14
Für die Österreicher ist es ein Problem.
DANIEL
01:23:15
Das wäre dann Sissiland, sobald deine Stimme sich erholt hat, überlasse ich dir die Ungarn.
SOLVEIG
01:23:22
Wobei, über die haben wir auch schon ein bisschen in unseren Diversen Sissilfalen gesprochen.
DANIEL
01:23:26
Hört doch bei Flurfunk Geschichte. Misslungene Jahre einer Kaiserin spielen die Ungarn, glaube ich, eine Rolle.
SOLVEIG
01:23:32
Die spielen den. Der Anraji ist der, der da jetzt auch 48 mitgemacht hat.
DANIEL
01:23:39
Ja, also das ist alles noch im Hintergrund, aber heute hatten wir eben zwei interessante Persönlichkeiten. Vor allem die eine, Heinrich von Gagern, finde ich schon bemerkenswert. Also ich meine, es gibt bestimmt auch Schulen, die nach ihm heißen, und Straßen. Aber es ist halt doch irgendwie, sind die ganz Linken interessanterweise heute in der Bundesrepublik auch populärer. Also so wie Robert Blum und der Hacker und so die ganzen anderen richtigen Revolutionäre. Jaja, richtig. Ich glaube nur, dass trotzdem die Mehrheit, auch heutigen Mehrheit der Bundesrepublik, die ja doch in der Regel irgendwie konservativ stimmt, zumindest das Wahlvolk. Wahrscheinlich auch damals Herrn Gagern irgendwie besser gefunden hätte. Also es war mir nicht klar, was für eine breite Zustimmung dieser Mann auch hat und was das eigentlich für ein Politik-Star war.
SOLVEIG
01:24:26
Na gut, wenn du allen versprichst, dass du ihre Wünsche erfüllst.
DANIEL
01:24:29
Ja, aber er hat es ja jetzt auch nicht, es ist ja nicht so, dass er nach dem Mund redet, sondern hat ja doch irgendwie das Gefühl, dass er ernsthaft guckt, was ist denn hier möglich? Also was können wir denn, was wollt ihr denn, was können wir für euch tun, dass ihr euch damit arrangieren könnt? Und was können, was braucht ihr? Und wie könnte man das zusammenkriegen? Und das kriegt er einfach immer wieder hin, dass es irgendwie aufgeht. Und dann bleiben natürlich ein paar auf der Strecke, die dann das einfach prinzipiell gar nicht wollen, aber die meisten scheinbar finden dann eben, da kann ich jetzt mitgehen dabei. Und das wird er dann bis zum Ende durchziehen. Letzten Endes bleibt er ja in der Paulskirche, bis sie dann das große Werk vollbracht haben. Allerdings dann ab Dezember nicht mehr als Präsident der Versammlung, sondern als erster Minister unter dem Reichsverweser Johann von Österreich, mit dem er sich dann, glaube ich, nachher aber nicht mehr so gut verstanden hat. Ich glaube, der ist ihm auf den Keks gegangen. Ja, und ich verabschiede mich von dir, liebe Saulbeig. Denn wahrscheinlich ist es ja doch für längere Zeit das letzte Mal, dass wir zusammensitzen. Nein, das geht hier weiter mit dem Podcast, aber quasi so coronamäßig, obwohl gar kein Corona mehr ist.
SOLVEIG
01:25:50
Auch wenn es so vielleicht so klingt.
DANIEL
01:25:52
Ja, auch wenn es so klingt. Stimmt, bringe mich in Sicherheit. Saulbeig bringt sich in Sicherheit. Sie verlässt das Land. Sie geht in eine dieser West-Provinzen. Du westfälische Land-Junkerin. Sie geht in die Hauptstadt Westfalens. Das kleine Wien. Viel schöner als Goslar. Darüber werden wir dann irgendwann später diskutieren. In Flurfunk Geschichte über die Erfahrungen, die Saulbeig an ihrem neuen Wirkungsort in Münster dann schon gemacht haben wird. Und ich bin froh, dass wir trotzdem weiter verbunden bleiben. Und ich hoffe, dass du trotzdem Zeit findest, mit mir die eine oder andere Rede aus dem Parlament zu hören. Und dann wieder gut vernehmlich einen Kommentar dazu zu geben. Aber ich finde auch heute werden, würde ich glaube ich alle verstanden haben. Und ihr macht's gut und bis bald. Jetzt noch mal lauter. Wir verstehen nichts.

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