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Der Podcast zur Nationalversammlung

FP10 - Österreich scheidet aus

24.10.2024 65 min

Zusammenfassung & Show Notes

Nach langem Warten geht es in dieser Folge um die deutsche Einheit. Wir beleuchten die entscheidende Rolle, die Österreich dabei spielte. Die Frage, ob es ein Großdeutschland oder ein Kleindeutschland geben sollte, war eine der zentralen Debatten, die die Paulskirche in Frankfurt lange beschäftigte.

Unsere Reise beginnt mit den komplexen politischen Verhandlungen und den unterschiedlichen Interessen der beteiligten Akteure. Die Paulskirche, das Symbol der deutschen Einheitsbewegung, war der Schauplatz hitziger Diskussionen über die Zukunft Deutschlands. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, ob Österreich Teil des neuen Deutschlands sein sollte oder nicht. Diese Entscheidung war nicht nur eine Frage der Geopolitik, sondern auch der Identität und der nationalen Einheit.

Wir beleuchten die verschiedenen Positionen von prominenten Persönlichkeiten wie Fürst Felix zu Schwarzenberg und Johann Gustav Droysen. Schwarzenberg, ein starker Befürworter eines vereinten Österreichs, betonte die Notwendigkeit, die Monarchie zusammenzuhalten und die Macht in Wien zu zentralisieren. Auf der anderen Seite stand Droysen, der die Chance sah, Preußen als führende Kraft in einem kleindeutschen Reich zu etablieren.

Die Episode führt uns auch in die emotionalen Reden von Abgeordneten wie Ludwig Uhland, der die kulturellen und emotionalen Bindungen zwischen Österreich und Deutschland betonte. Uhland sprach von der Verengung des Gesichtskreises, sollte Österreich von Deutschland getrennt werden, und appellierte an die gemeinsamen historischen und kulturellen Werte.

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Transkript

Daniel
00:00:00
Das Warten auf Österreich ist das Sterben der deutschen Einheit, Solveig.
Solveig
00:00:05
Wieso denn?
Daniel
00:00:07
Die wollen nicht. Es wird nichts. Alle wollen Österreich, aber Österreich will nicht.
Solveig
00:00:12
Aber warum will Österreich denn nicht?
Daniel
00:00:14
Das werden wir jetzt klären, endgültig. Die Frage, wird es Großdeutsch oder wird es Kleindeutsch? Hallo Solveig.
Solveig
00:00:45
Daniel.
Daniel
00:00:46
Es ist so schön, dass wir endlich auch wieder mal eine Folge aufnehmen können zur Flurfunk Paulskirche. Denn ihr habt sehr lange warten müssen und wir alle warten gemeinsam immer noch auf Österreich. Und die entscheidende Frage wie, wo ist denn jetzt eigentlich dieses Deutschland?
Solveig
00:01:04
Wo ist Österreich?
Daniel
00:01:05
Wo ist Österreich? Das ist ja auch eigentlich mit die Frage. Also was ist denn eigentlich Österreich und was ist daran deutsch und was nicht? Ihr erinnert euch vielleicht und du auch, dass wir schon vor längerer Zeit eine Folge gemacht haben, eigentlich über dieses Thema. Wir haben schon mal darüber gesprochen. Allerdings mit dem Fokus darauf, dass am Ende jemand gestorben ist.
Solveig
00:01:25
Ja, mit dem Reichsverweser.
Daniel
00:01:26
Dem Reichsverweser, aber der ist noch nicht tot. Ich meine den Abgeordneten.
Solveig
00:01:30
Achso, aber der Reichsverweser war ja auch aus Österreich.
Daniel
00:01:33
Der war auch aus Österreich, aber ich spielte jetzt eigentlich auf Robert Blum an, der in Wien ja sein Leben gelassen hat, als dort nach einem neuerlichen Aufstand dann der General Windisch-Gretz wieder für Ruhe und Ordnung in der österreichischen Residenzstadt sorgte, während Kaiser Ferdinand sich lieber außerhalb dann aufhielt in der Zeit. Und in der Folge ist dort eine neue Regierung gab unter Fürst Felix zu Schwarzenberg, der dann auch anregte, es wäre vielleicht in der Zeit, Kaiser Ferdinand zu ersetzen durch eine jüngere Generation, durch den Kaiser, den wir vor allem als alten Kaiser in Erinnerung haben, aber der auch mal 18 Jahre alt war. Und in diesem zarten Alter dann bereits den Thron bestieg. Und vielleicht möchtest du die Worte nochmal sagen, die ihm sein Onkel mitgab.
Solveig
00:02:16
Ich bin gerade überlegen, ich wollte schon einwerfen. Dank Gott sei brav, es ist gern geschehen.
Daniel
00:02:21
Genau. Und ich erinnere mich an die Folge, dass der Bericht, den wir da zitiert haben, sagte Gott segne dich, aber du mochtest das nicht. Und deswegen bleibt es jetzt bei dieser Version. Dank Gott. Ja, und in der Folge wurde auch der Reichstag aus Wien verbannt, ähnlich wie es Friedrich Wilhelm in Berlin gemacht hat, mit der Nationalversammlung, die dann nach Brandenburg zu verabschieden, und sich dann zu entschließen, eigentlich brauchen wir euch nicht, ich kann auch selbst eine Verfassung schreiben, oder die einfach oktruieren oder erlassen. Und dort ging in Österreich eben der Reichstag von Wien nach Kremsir. Hoffentlich spreche ich das richtig aus, ich versuche es nicht auf Tschechisch, denn dort liegt der Ort heutzutage, also dort tagte der Reichstag Österreichs. Genau. Also es wird immer wieder betont, dass in diesem Reichstag es quasi eine deutsche Minderheit nur gab. Die meisten anderen waren die slawischen Stämme, wie es damals immer heißt. Die Ungarn waren nicht dabei, denn die sind ja noch immer damit beschäftigt, sich zu befreien, quasi aus der österreichischen Umarmung, sagen wir mal so.
Solveig
00:03:21
Dem Andrachie.
Daniel
00:03:22
Genau. Und wir hatten eben schon einige Reden in dieser Folge auch über das Verhältnis von Österreich zum Rest und wie man jetzt damit umgehen soll eigentlich. Und zwei Reden auch gehört von Herrn Grevelle und Herrn Giskra. Das ist ja einer meiner Lieblingsabgeordneten, der mir diese schönen pathetischen Sachen von sich gibt. Also wenn ihr das schon wieder vergessen habt, was ich absolut nachvollziehen kann. Lohnt es sich da noch mal rein zu hören. Ich weiß aber auch, dass der Hörgenuss bei der Folge ein bisschen eingeschränkt ist, weil du damals nicht bereit warst, nach Berlin zu kommen, sondern dich lieber mit den westfälischen Landjungkern abgegeben hast und die Verbindung nach Westfalen irgendwie nicht so gut war. Genau. Aber jetzt bist du hier und deswegen schauen wir da noch mal genauer drauf, denn langsam geht es in die entscheidende Phase. Diese Entscheidung muss einfach irgendwann mal gefällt werden. Weißt du denn noch, der Beginn der Verfassung, diese Paragrafen, die man da den Anfang gestellt hat, das waren eben die alles Entscheidenden, die darüber befanden, ob Österreich bei uns sein wird oder nicht. Ja. Jetzt muss ich selber den Text nochmal nachgucken.
Solveig
00:04:29
Okay, das brauche ich nicht. Ich habe ein bisschen wie in einer mündlichen Prüfung. War das die Diskussion, ob Österreich oder und die slawischen Länder oder nur, also dass man sich los sagen muss, damit Österreich rein kann? War das das Ding?
Daniel
00:04:46
Ja, also der Paragraph 1 enthält schon einen Teil des Problems. Also damals ist die Menschenwürde noch nicht Top 1 in der Verfassung, denn die haben ja dieses andere Problem jetzt erst mal ganz am Beginn stehen, dass wir diese Grenzen ziehen müssen, bevor wir das ausgestalten, wie das eigentlich dann funktionieren soll. Und Paragraph 1 lautet, das Deutsche Reich besteht aus dem Gebiet des bisherigen deutschen Bundes. Die Festsetzung der Verhältnisse des Herzogtums Schleswig bleibt vorbehalten. So wurde es nachher festgefügt und Deutscher Bund, das ist ja eben eine Grenze, die geht mitten durch das Kaisertum Österreich und beinhaltet natürlich vor allem die deutschsprachigen Gebiete, aber eben auch Böhmen und noch ein paar andere Teile. Und so geht es zur Debatte, ob man das so beschließen möchte. Und Paragraph 2 sagt, dann hat ein deutsches Land mit einem nicht-deutschen Land dasselbe Staatsoberhaupt, so soll das deutsche Land eine von dem nicht-deutschen Lande getrennte eigene Verfassung, Regierung und Verwaltung haben. In die Regierung und Verwaltung des deutschen Landes dürfen nur deutsche Staatsbürger berufen werden. Das heißt, Österreich müsste sich aufteilen. Also die Teilung Österreichs wäre der Preis für ein Großdeutsches Reich damals. Man müsste quasi jetzt wirklich eine Grenze durch die österreichischen Teile ziehen. Und das ist natürlich nicht im Interesse Österreichs und schon gar nicht im Interesse des neuen österreichischen Ministerpräsidenten zu Schwarzenberg, denn der möchte jetzt eigentlich gerade als Kampf gegen die Revolution das Gesamtösterreich wieder stärker zusammenfassen und zentralisieren, damit die Macht in Wien konzentriert ist und alles wieder unter Kontrolle fügt. Und der Vorschlag in der Paulskirche damit umzugehen war eben, dass wir ja vielleicht ein kleines deutsches Reich machen, wo Preußen die Hauptrolle spielen würde, aber dann so etwas wie den Deutschen Bund noch mal mit Österreich uns verbindet. Also dass es gleichzeitig den neuen Bundesstaat das kleinere Deutschland geben sollte, aber auch ein Staatenbund mit Österreich. Irgendwie so ein Twitter entstehen sollte.
Solveig
00:06:52
Das ist ja nichts Halbes und nichts Ganzes. Dann kann man es auch lassen.
Daniel
00:06:56
Ja, vielleicht wärst du dann einverstanden mit dem Abgeordneten, mit dem ich jetzt hier einsteigen möchte. Aber der, ja, ich glaube, der findet eben diesen Vorschlag auch nicht so berauschend, denn er kommt aus Wien und sitzt im Café Melani. Du hast gerade auf die Fraktionsübersicht geschaut.
Solveig
00:07:16
Ja, ich hab hier so ein Spickzettel liegen.
Daniel
00:07:19
Weil ich immer mit den Testfragen um die Ecke komme. Also die sitzen doch ganz rechts im Parlament.
Solveig
00:07:25
Das sind die ultrarechten.
Daniel
00:07:26
Das sind die ultrarechten. Und wir haben ja schon damals gesagt, das sind keine Nazis, sondern das sind vor allem so die Königstreuen, die eigentlich finden, die Paulskirche darf nur Dinge vorschlagen, aber entscheiden müssen es die Monarchen. Die Einzelstaaten sind eigentlich das Beste und es muss möglichst federalistisch laufen. Dort sitzt eben auch Eugen Megale Edler von Mühlfeld, den du jetzt zu hören bekommst auf der Galerie. Hast du dir da vorgestellt, ob du jetzt eher links in der eigentlichen Damengalerie Platz genommen hast oder oben rechts neben der Orgel, da wo der Herr Lichnowsky den Platz für die Fürstinnen freigeräumt hat und sich gern mal hinbegibt, solange er noch lebte?
Solveig
00:08:05
Muss ich nachdenken. Ich wollte gerade sagen, vielleicht, wenn der Herr Lichnowsky da ist, sitze ich da.
Daniel
00:08:13
Wir sind jetzt hier schon im Oktober 1848. Der ist schon weg.
Solveig
00:08:19
Dann sitze ich wahrscheinlich eher bei den Linken.
Daniel
00:08:22
Zumindest bei der Rede, als die hier gehalten wurde, von dem Edlen von Mühlfeld. Da lebt ja sogar der Robert Blum noch. Da waren sicher viele Damen auf der Galerie, die haben hier angeblich immer nur gekommen, um ihn zu sehen und zu hören. Und der Abgeordnete Mühlfeld sagt in seiner Rede, bezugnehmend auf die Verhandlung dieser Paragrafen, dass der Rest Österreichs quasi nur noch in Personalunion dann verbunden wäre. Die Personalunion, meine Herren, ist eigentlich gar kein Band, gar keine Union zwischen den zwei Staaten, zwischen welchen sie stattfindet. Am wenigsten ist eine Union dann vorhanden, wenn die Staaten nicht absolut, sondern konstitutionell regiert werden. Weil dann der Einfluss des Regenten ohne ministerielle Verantwortlichkeit nicht möglich ist. Die Gesinnungen und Ansichten der Ministerien in diesem und jenem Staate aber sehr verschieden sein können. Und wir haben ja schon öfter auch über Personalunionen gesprochen. Also der Regent ist eben derselbe, aber es sind zwei unterschiedliche Staaten, die auch unterschiedliche Interessen haben, werden wahrscheinlich. Und wenn sie konstitutionell organisiert sind, gibt es eben auch noch Parlamente, die dann ganz klar diesen Interessen auch Ausdruck verleihen. Und die entsprechende Politik einfordern. Wenn es ein absoluter Monarch ist, dann kann er in seinem eigenen Interesse vielleicht beide Staaten gleich regieren. Aber da wir jetzt in ein konstitutionelles Zeitalter kommen, wäre das dann wirklich die Aufteilung Österreichs?
Solveig
00:09:43
Ja. Nee, ich wollte gerade sagen, also im Grunde genau, so mein Argument war eigentlich dagegen, aber je länger ich drüber nachdenke, ist es ein Argument dafür, dass es die Aufteilung ist.
Daniel
00:09:53
Und dabei war das nur ein Absatz von dem Müllfeld. Und schon hat er dich überzeugt.
Solveig
00:09:57
Ja, weil ich gerade am überlegen war, also na ja, wenn wir dann beispielsweise Österreich und sagen wir jetzt, Ungarn ist zwar noch nicht dabei, aber wir haben dann eine Konstitution in Österreich, wir haben ein konstitutionelles Parlament in Ungarn. Und an oben sitzt Franz Josef und ist ja eigentlich nur noch delegierter, der halt der Staatsanwalt.
Daniel
00:10:14
Da muss sich dann die entsprechende Krone aufsetzen, für welches Land er gerade spricht.
Solveig
00:10:19
Ja, aber im Grunde ja nur noch dann das Ausführende ist, was ja das Parlament ihm vorgibt.
Daniel
00:10:24
Ja, je nachdem, wie jetzt die Kompetenzen des Staatsoberhauptes nachher geregelt wären, aber grundsätzlich wäre er halt entweder Kaiser von Österreich oder König von Ungarn.
Solveig
00:10:35
Ja, das stimmt. Das würde dann tatsächlich auseinandergehen.
Daniel
00:10:38
Ja, und dann führt Herr Mühlfeld noch weiter aus und sagt, es ist von verschiedener Seite und in sehr verschiedener Weise auf einen nahen Zerfall der österreichischen Monarchie hingewiesen worden. Es wurde die österreichische Monarchie als ein Mischmasch von Nationalitäten zu einer Monarchie, an deren Bestand kein Staatsmann in Österreich zu denken vermöge dargestellt. Es wurden mit prophetischen Blicke von einer höheren politischen Weisheit allerdings Zweifel an den Bestande der österreichischen Monarchie erweckt. Es ist richtig, und ich kann es trotz der Hinweisung auf das Band der Dynastie, trotz der Hinweisung auf die Verknüpfung und die enge Verkettung der Interessen der Teile der österreichischen Monarchie durch ihren langen Bestand nicht leugnen, dass nun, nachdem sie als konstitutionell bestehen soll, die Grundlage des österreichischen Staates eine andere sein kann als die frühere. Es ist auch richtig, dass wer ausschließlich das Prinzip der Nationalitäten anerkennt, als Regulator der Staatsbildung, Österreich keine weitere Zukunft zu erkennen möge. Allein ich halte dafür, dass das Prinzip der Nationalität nicht das einzig Mögliche ist, worauf ein Staat gegründet bestehen kann. Ich halte dafür, dass jenes Prinzip, welches von der österreichischen Regierung, dem Reichstag und allenthalben in Österreich ausgesprochen wurde, das Prinzip der Gleichberechtigung der Nationalitäten, eben ein solches Prinzip ist, worauf ein Staat gegründet sein könne. Und ich muss gestehen, dass, wenn ich beide Prinzipe vergleiche, ich nicht einen Augenblick zweifelhaft sein möchte, dem Prinzip der Gleichberechtigung der Nationalitäten in einem Staat als dem edleren, größeren und der Humanität entsprechenden den Vorzug zu geben, vor dem Prinzip der Ausschließung derjenigen von dem Staat, die nicht demselben Stamm entsprossen, die nicht der nämlichen Rasse angehören, die nicht die gleiche Sprache sprechen.
Solveig
00:12:24
Da ist er gegen.
Daniel
00:12:25
Ja, er ist für Österreich als einen Staat, aber ein Österreich, in dem alle Nationalitäten gleichberechtigt sind. Das widerspricht natürlich fundamental dem, was wir in der letzten Folge zu Polen erlebt haben und was eigentlich das Hauptinteresse der meisten mittlerweile in der Paulskirche ist, nämlich die Nationalität zu erreichen, den Nationalstaat. Und dagegen spricht er. Eigentlich ein supersympathisches Modell, was ich an Österreich immer so toll finde. Das ist quasi das Idealbild gleichberechtigter Nationalitäten. So wird es natürlich nicht laufen. Das muss man ehrlich sagen. Also die deutschen Anteile Österreichs werden natürlich weiter versuchen zu dominieren, den Rest. Ja, aber hier ist so ein Idealbild aufgetaucht plötzlich.
Solveig
00:13:05
Deswegen habe ich nachgefragt, um sicherzugehen, dass ich es richtig verstanden habe, dass er wirklich für, also er ist gegen das Ausschließen von anderen, weil sie eine andere Nation haben. Er ist für die Gleichberechtigung.
Daniel
00:13:16
Ja, aber auch gegen die Teilung Österreichs. Also, dass jetzt Deutsch-Österreich quasi zum Deutschen Reich dazukommt und man den Rest in den Personalunion dann verwaltet, weil er sagt, dann zerfällt alles, dann ist Österreich vorbei. Und er möchte ein Österreich mit gleichberechtigten Nationalitäten.
Solveig
00:13:32
Ja, da bin ich bei ihm, das finde ich auch gut.
Daniel
00:13:37
Dann schauen wir mal, wenn du im Österreichischen Reichstag säßest.
Solveig
00:13:44
In Kremsier.
Daniel
00:13:44
In Kremsier. Und die entsprechende Erklärung nach Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten zu hören bekämst. Die hatte er am 27.11.1828 dort gehalten. 1848. 1848 selbstverständlich.
Solveig
00:14:03
Na, gerade verwirrtes, hä?
Daniel
00:14:05
Sohn Fürst Schwarzenberg sagt dort vor dem Reichstag, meine Herren, zufolge der Berufung seiner Majestät ist der konstituierende Reichstag zur Fortsetzung der Beratungen über die Verfassung hier zusammengetreten. Als das Vertrauen des Kaisers uns in den Rat der Krone berief, verkannten wir nicht die Schwierigkeiten der Aufgabe, die Größe der Verantwortlichkeit gegenüber dem Throne wie dem Volke. Wunden aus der Vergangenheit sind zu heilen, Verlegenheiten des Augenblicks zu beseitigen, eine neue Ordnung der Dinge in der nächsten Zukunft aufzubauen. Das Bewusstsein eines redlichen Strebens für das Wohl des Staates, des Volkes und für die Freiheit, das Vertrauen auf ihre Mitwirkung bei dem großen Werke, bestimmten uns, persönliche Rücksichten der Liebe für das Vaterland zu opfern und dem Rufe des Monarchen zu folgen. Wir übernehmen die Handhabung der Regierungsgewalt aus den Händen seiner Majestät zugleich mit der Verantwortlichkeit, fest entschlossen, jeden unverfassungsmäßigen Einfluss fernzuhalten, aber ebenso wenig Eingriffe in die vollziehende Gewalt zu gestatten. Einig in den Grundsätzen werden die Worte und Handlungen eines jeden von uns der Ausdruck der Politik des Gesamtministeriums sein. Wir wollen die konstitutionelle Monarchie aufrichtig und ohne Rückhalt. Wir wollen diese Staatsform, deren Wesen und gesicherten Bestand wir in der gemeinschaftlichen Ausübung der gesetzgebenden Gewalt durch den Monarchen und die Repräsentantenkörper Österreichs erkennen. Wir wollen sie begründet auf der gleichen Berechtigung und unbehinderten Entwicklung aller Nationalitäten sowie auf der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze. Gewährleistet durch Öffentlichkeit in allen Zweigen des Staatslebens, getragen von der freien Gemeinde und der freien Gestaltung der Länderteile in allen inneren Angelegenheiten, umschlungen von dem gemeinsamen Bande einer kräftigen Zentralgewalt. Und es fing so schön an. Also was er genau mit Freiheit meint, wie sich der Volkskörper ausdrücken darf, ist dann doch meist etwas anders gemeint.
Solveig
00:16:08
Umschlungen?
Daniel
00:16:12
Seit umschlungen Millionen. Er fährt dann später noch fort und sagt, beklagenswerte Ereignisse haben stattgefunden.
Solveig
00:16:21
Das kann man es auch nennen.
Daniel
00:16:22
Ja, immer diese Barrikaden.
Solveig
00:16:25
Wie der Schießungen.
Daniel
00:16:25
Ja, wirklich. Die Gewalt der Waffen musste zur Anwendung kommen gegen eine Fraktion, welche die Haupt- und Residenzstadt in einen Schauplatz anarchischer Wirren verwandelt hatte. Siehst du, tiefe Wunden sind geschlagen worden. Sie zu lindern und zu heilen, soweit dies möglich, Wien, das Herz des Reiches, seinem früheren Wohlstande zurückzugeben und dafür zu sorgen, dass dem durch das Gebot der Notwendigkeit herbeigeführten Ausnahmezustande, sobald es die Verhältnisse gestatten, ein Ende gemachte werde, wird unser eifriges Bestreben sein. In Italien hat unser glorreiches Heer über Treubruch und Verrat gesiegt, und die alten Tugenden der österreichischen Armee, die brüderliche Eintracht aller Stämme, die todesmutige Hingebung für Österreichs Ehre, Ruhm und Größe auf das Glänzendste bewährt. Noch muss es dort gerüstet stehen, um die Integrität des Reiches zu wahren. In der organischen Verbindung mit dem konstitutionellen Österreich wird das lombardisch-venizianische Königreich nach Abschluss des Friedens die sicherste Bürgschaft finden für die Wahrung seiner Nationalität. Die verantwortlichen Räte der Krone werden feststehen auf dem Boden der Verträge. Sie geben sich der Hoffnung hin, dass in nicht ferner Zukunft auch das italienische Volk die Wohltaten einer Verfassung genießen werde, welche die verschiedenen Stämme in voller Gleichberechtigung umschließen soll. Warum kräuselst du deine Stirn?
Solveig
00:17:54
Also heißt das, sie geben Lombardei auf?
Daniel
00:17:59
Nein, sie haben sie gerade befreit von der Anarchie.
Solveig
00:18:02
Ja, aber das sind ja auch andere Völker.
Daniel
00:18:05
Und sie werden gleichberechtigt umschlungen. Siehst du, man kann es auch so sehen. Und die Armee ist das Vorbild dafür, wo alle Nationalitäten gemeinsam. Die Verletzung dieses ersten Rechts der Nation entzündete den Bürgerkrieg in Ungarn gegen eine Partei, deren letztes Ziel, der Umsturz und die Lotsagung von Österreich ist. Erhoben sich dort in ihren unveräußerlichen Rechten gekränkten Völker. Nicht der Freiheit gilt der Krieg, sondern denjenigen, die sie der Freiheit berauben wollen. So muss man das sehen. Entschuldigung, Herr Schwarzenberg, bitte. Aufrechterhaltung der Gesamtmonarchie. Ein engerer Verband mit uns, Anerkennung und Gewährleistung ihrer Nationalität sind der Gegenstand ihrer Bestrebungen. Das Ministerium wird sie unterstützen mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln. Mit Gewalt der Waffen wird, da leider alle Wege der Versöhnung fruchtlos eingeschlagen wurden, die Schreckensherrschaft einer verbrecherischen Partei bekämpft und der innere Frieden wiederhergestellt werden. Meine Herren, das große Werk, welches uns im Einverständnisse mit den Völkern obliegt, ist die Begründung eines neuen Bandes, das alle Lande und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper vereinigen soll. Dieser Standpunkt zeigt zugleich den Weg, den das Ministerium in der deutschen Frage verfolgen wird. Nicht in dem Zerreißen der Monarchie liegt die Größe, nicht in ihrer Schwächung die Kräftigung Deutschlands. Österreichs Fortbestand in staatlicher Einheit ist ein deutsches wie europäisches Bedürfnis. Von dieser Überzeugung durchdrungen, sehen wir der natürlichen Entwicklung des noch nicht vollendeten Ungestaltungsprozesses entgegen. Erst wenn das verjüngte Österreich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, wird es möglich sein, ihre gegenseitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen. Bis dahin wird Österreich fortfahren, seine Bundespflichten treulich zu erfüllen. Du warst gerade noch mal irritiert, glaube ich.
Solveig
00:20:09
Ja, es ist für mich ein bisschen schwer eben zu folgen, was er jetzt möchte. Also im Grunde, alles bleibt beim Alten und das ist auch gut so, oder?
Daniel
00:20:15
Also Österreich müssen wir stärker zusammenfassen, weil das hatte sich ja schon jetzt ein bisschen auseinanderentwickelt.
Solveig
00:20:20
Diese bösen Ungaben.
Daniel
00:20:21
Wir sind ja dabei, jetzt die Freiheit der Völker wieder herzustellen.
Solveig
00:20:24
Gegen die Ungarn.
Daniel
00:20:25
Und gegen die Anarchie.
Solveig
00:20:27
Wir haben die Anarchie in Wien besiegt.
Daniel
00:20:28
Und wir wollen jetzt ein neues starkes Band der gesamte Monarchie wieder knüpfen. Interessant ist aber eben auch, dass er von dem verjüngten Österreich und dem verjüngten Deutschland spricht. Irgendwie denkt er das scheinbar nicht mehr zusammen.
Solveig
00:20:41
Aber was meint er denn mit verjüngt?
Daniel
00:20:43
Ja, das Erneuerte. Jetzt alles.
Solveig
00:20:46
Aber was?
Daniel
00:20:46
Jetzt wieder stärker verbunden sein wird. Jeweils untereinander. Also den Gegensatz macht er hier sehr stark auf. Vor allem, dass er von einem Österreich und von einem Deutschland spricht. Das haben wir der Paulskirche bis dahin so noch nicht gesehen, glaube ich. Und das wird jetzt öfter auftauchen, dass man schon so in dieser Zweihheit beginnt zu denken. Natürlich das Österreich jetzt nicht das Deutschösterreich, was man dann gerne nochmal betont als Unterscheidung, sondern eben dieses Österreich, wo das Band die gleichberechtigten Nationalitäten an die Zentralgewalt bindet.
Solveig
00:21:17
Umschlingt.
Daniel
00:21:18
Umschlingt. So ist es. Aber auf jeden Fall haut das doch ziemlich rein, eigentlich in Frankfurt dann, als sie das hören, weil wenn der jetzt hier dieses Band so fest neu binden will, heißt es ja, dass die Paulskirche, die Nationalversammlung, ein Problem hat. Also wie kriegen wir jetzt Österreich dann überhaupt bei uns noch unter? Wollen die das überhaupt? Schanbar nicht. Und wir können ja unmöglich die jetzt komplett aufnehmen.
Solveig
00:21:41
Warum denn nicht?
Daniel
00:21:42
Ja, wie soll es, was soll denn das bitte für ein Deutschland werden?
Solveig
00:21:46
Naja, halt ein vielsprachiges Deutschland.
Daniel
00:21:49
Aber ob die Ungarn da jetzt so Bock drauf haben, wage ich zu bezweifeln.
Solveig
00:21:52
Weiß ich nicht. Wenn wir einfach sagen, Deutschland, Ungarn, hat ja später auch funktioniert. Mit Österreich, Ungarn. Aber das war auch noch so ein bisschen labil zwischendurch vielleicht.
Daniel
00:22:03
Und der Ausgleich wurde ja dann auch eher erzwungen. Das ist auch nicht die Zentralgewalt, die sich entschlossen hat, dieses Band da vielleicht anders zu gestalten als vorher. Auf jeden Fall war das der Moment auch, davon hatten wir auch schon gesprochen, dass noch mal ein Regierungswechsel stattfindet in Frankfurt, dass nämlich hier dein Boy gehen muss. Hast du nicht schon wieder vergessen, den du so attraktiv fandest?
Solveig
00:22:25
Der Gagern? Nee, nicht Gagern.
Daniel
00:22:27
Das ist Anton Ritter von Schmerling. Das ist nämlich ein Österreicher, der bis dato die Reichsregierung anführte und der dann eben ersetzt wird durch Heinrich von Gagern. Und Heinrich von Gagern hat ganz klar die kleindeutsche Option vor Augen. Des dessen Hoffnungen ist der König von Preußen und der schlägt dann eben vor, wir machen jetzt klein Deutschland, aber damit ihr beruhigt seid, wir werden uns natürlich dauerhaft in einem Staatenbund auch mit Österreich verbinden. Und das ist eben sein Vorschlag, sein Tenor und darüber wird debattiert, sowohl im Dezember noch heftig als immer noch im Januar. Das ist so jetzt die Zeit, in der wir uns bewegen. Und zuerst möchte ich dir einen prominenten Redner noch vorstellen, das ist der Jakob Veneday. Ich bin nicht ganz sicher. Ich glaube, ich habe ihn schon mal zitiert. Ausführliche Rede haben wir glaube ich noch nicht gehört bislang. Der kommt aus Köln, oder vertritt Köln jedenfalls in der Nationalversammlung. Saß ursprünglich mal im Deutschen Hof und wir kommen nachher noch mal drauf. So, ich glaube, es war die Reichsverweser-Folge. Da hatten wir auch über die Fraktionen gesprochen und wie die so drauf waren und was sie vertreten. Das wird jetzt alles ein bisschen verwirrender, weil die plötzlich da anfangen, Stühle zu rücken oder in den Bänken jedenfalls irgendwie ein bisschen weiter zu rutschen und irgendwie nicht mehr ganz so zufrieden sind in der jeweiligen Gaststätte. Vielleicht ist auch die Küche schlechter geworden. Man wollte einfach mal ein anderes Restaurant ausprobieren.
Solveig
00:23:46
Schälen Tagnot Schnitzel.
Daniel
00:23:48
Genau, es geht ja gar nicht. Und Herr Weneday von Köln spricht in der Paulskirche am 18. Dezember. Meine Herren, ich trage darauf an, dass dieser Antrag direkt von uns augenblicklich und ohne Verhandlung verworfen werde. Also das, was Herr Gargan davor schlagen hat. Bravo auf der Linken. Wir sind hierher gekommen, meine Herren, um Deutschlands Einheit zu konstituieren und man schlägt uns hier vor, einen Teil Deutschlands aus Deutschland hinaus zu werfen. Stürmisches Bravo und Händeklatschen auf der Linken. An dem Tage, wo wir diesen Antrag auch nur verhandeln, verhandeln wir eine Teilung Deutschlands. Die deutsche Nation, meine Herren, hat schon genug gelitten. Jetzt endlich ist sie aufgestanden und hat uns hierher gesandt. Deutschland zu konstituieren und man will uns einen Teil Deutschlands Pfeil machen. Ich bin hierher gekommen, in die Paulskirche fest entschlossen, mit der Paulskirche zu stehen oder zu fallen. Aber nicht einen Augenblick länger will ich hier sitzen, wenn Österreich nicht dabei ist. Stürmisches Bravo auf der Linken des Hauses.
Solveig
00:24:52
Die nicht mitspielen, dann will ich auch nicht mitspielen.
Daniel
00:24:55
Das sehe ich jetzt sofort. So, und der ist nämlich rübergerutscht in Westend Hall. Wo sitzen die denn auf deinem Schema, dass du davon die Linie hast?
Solveig
00:25:03
In der gemäßigten Linken, aber nahe an den Rechten dran.
Daniel
00:25:05
Also zwischen welchen Fraktionen, weil das sind meistens die, wo die Herren dann irgendwie zusammengerückt sind.
Solveig
00:25:10
Also sie sitzen zwischen dem Nürnberger Hof und dem Württemberger Hof.
Daniel
00:25:14
Genau, also es sind dann schon, also er kommt aus dem Deutschen Hof, ist darüber gerutscht. Also ein bisschen in die Mitte rein.
Solveig
00:25:20
Ist einfach drüber gerutscht.
Daniel
00:25:22
Genau, also ich glaube, so fest kann man die Linie natürlich nicht ziehen, wie in so einem Schema. Also er ist ein bisschen nach rechts zu der Liberalen gerutscht.
Solveig
00:25:30
Wobei hier steht sogar noch, also Württemberger Hof als linkes Zentrum, also bei den Rechten ist er noch gar nicht. Das ist noch liberal.
Daniel
00:25:38
Aber das ist dann da in dem, sagen wir mal linksliberalen Spektrum, haben sich da neue Gruppierungen gebildet. Und vor allem spielt es jetzt ebenso eine Rolle, ob Großdeutsch oder Kleindeutsch.
Solveig
00:25:49
Ja, aber der Wittenberger Hof steht doch nicht. Ah ja, jetzt habe ich mich ver-. Wir sind ja bei Westenthal. Und das sind für Kleindeutsch heißt es hier.
Daniel
00:25:56
Das ist sehr merkwürdig, weil er passt da eigentlich gar nicht rein. Und ja, da bilden sich eben tatsächlich auch so komplett neue Gruppierungen innerhalb des Parlamentes, wo jetzt nicht mehr die ursprüngliche Fraktion oft im Vordergrund steht, sondern bei dieser Großdeutsch-Kleindeutsch-Frage gibt es ganz merkwürdige neue Kombinationen und Fraktionen. Und eine neue Fraktion, die sich da bildet, ist eben auch der Pariser Hof. Vielleicht wäre das Essen da besser. Irgendwie ein französischer Sternekoch. Mal alles probieren. Genau. Und da sitzen dann vor allem Leute, die jetzt eben auch Österreich nicht einfach davon ziehen lassen wollen. Zum Beispiel, da kommt ein Herr von der anderen Seite, nämlich vom Casino Julius Athanasius Ambros, also Casino, das ist die größte, Mitte konservative Fraktion, wo so die ganzen staatstragenden Herren, Professoren drin saßen, mit großem Namen. Und mit 29 anderen hat er sich jetzt eben in ein neues Restaurant verabschiedet. Er sagt, wir probieren es da mal aus und erzählt dann davon auch, beziehungsweise sie haben natürlich aufgeschrieben, wer sie denn eigentlich sind und wen sie vielleicht nicht dabei haben wollen, nicht aufgenommen werden. Erstens, alle Preußenfeinde, also Leute wie Quörer, Clemens und so weiter. Das war so für Hater hier.
Solveig
00:27:13
Ja, voll das Mommigen.
Daniel
00:27:15
Nummer zwei, alle, welche das Konfessionelle in die Politik hineintragen, also Leute wie Bus, Sepp, kurz die süddeutschen eigentlichen Ultramontanen.
Solveig
00:27:24
Diese Schwaben.
Daniel
00:27:25
Ultramontan muss man vielleicht noch erklären, da bist du die Lateinerin.
Solveig
00:27:29
Über den Berg hinweg, das meint die Katholiken.
Daniel
00:27:32
Genau, weil Rom auf der anderen Seite da aufhört.
Solveig
00:27:33
Weil die hören nur auf den Papst.
Daniel
00:27:35
Also die wollen wir nicht dabei haben. Drittens, alle, welche mit der Linken kokettieren. Kann man verstehen, wenn man auf der anderen Seite sitzt im Hause? Unser Grundsatz ist Gerechtigkeit aller gegen alle und mithin möglichste Übereinstimmung mit Regierungen und Stämmen, kurz wahre Einigung aller Deutschen. Unsere erste Versammlung fand gestern im Pariser Hof statt, wo wir auch bleiben werden, solange unsere Zahl nicht über 40 steigt. Es geht nicht nur ums Essen.
Solveig
00:28:02
Da müssen wir einen neuen Raum finden.
Daniel
00:28:03
Wo der Saal groß genug ist, genau. So, es ist nicht ganz eindeutig, es ist total merkwürdig, weil der Pariser Hof nachher erwiesenermaßen sitzender Leute, die vor allem für Österreich kämpfen, dass Österreich dabei sein soll. Warum er dann so betont hier bei Punkt 1, er möchte keine Preußenfeinde dabei haben, verstehe ich nicht. Vor allem, weil er in einer weiteren Quelle dann Ende Dezember beschreibt, dass er selber plötzlich als Preußenfeind dasteht. Und da sagt er dann nämlich, wie gesagt, Ende Dezember, da erhalte ich gestern vom 23. Dezember dotiert, meine Entlassung aus der Wissenschaftlichen Prüfungskommission, die Remuneration dafür beträgt zwar nur 160 Taler, allein ich hatte darauf gerechnet, hatte mir ein gesunderes und mithin teures Quartier gemietet und musste ja auch, als ich hierher ging, umso mehr damit rechnen, als ich meine Honorare und schriftstellerischen Arbeiten im Stich ließ, um dem Vaterland nach Kräften zu dienen. Läge nun der Grund meiner Entlassung lediglich darin, dass man einerseits meinem Stellvertreter gerecht werden musste, so würde ich mich natürlich beruhigen. Andererseits habe ich einigen Grund zu fürchten, dass die Leidenschaft der altpreußischen erblichen Kaisertümler ihre Zunge nicht bloß in Frankfurt loslässt. Wir haben lange genug österreichische Politik getrieben, hieß es im Casino. Jetzt müssen wir Preußische treiben. Und damit wurde jeder, der mit der kleinen Majorität des Casinos nicht einverstanden war, ein Preußenfeind. Die Süddeutschen aber erhielten einen nach meiner Überzeugung falschen Grund zu dem Glauben, dass das erbliche Kaisertum Preußens von altpreußischer Eitelkeit eingefädelt werde. Jetzt hat er seinen Job verloren aus politischen Gründen.
Solveig
00:29:38
Er hat sich doch gerade die schöne Wohnung geholt.
Daniel
00:29:41
Er hatte damit so fest eingeplant, dass er das Geld hat. Das hat auch praktische Konsequenzen.
Solveig
00:29:47
Was schönes Argument. Die können mich nicht verkündigen. Ich habe mir gerade eine tolle Wohnung geholt.
Daniel
00:29:53
Genau. Und jetzt kommen wirklich sehr merkwürdige Konstellationen zustande, weil gerade in seinem Programm hieß es ja nicht nur, sie wollen eigentlich keine Preußenfeinde. Jetzt ist er plötzlich angeblich ein Preußenfeind. Ich werde sich aber dagegen, aber in Wahrheit ist er halt pro Österreich auch eingestellt. Und er möchte auch eben auch nicht mit den Linken kokettieren, habe ich vorhin gehört. Und was machen sie?
Solveig
00:30:10
Kokettieren?
Daniel
00:30:10
Sie kokettieren. Weil nämlich merkwürdigerweise links und rechts im Haus sich wieder berühren in dieser Österreich-Frage. Das heißt, die linken Fraktionen versammeln sich zur vereinigten Linken mit diesem Hauptgrund, Österreich muss dabei bleiben, weil wir wollen ja eine deutsche Nation. Man darf nicht vergessen, die Linken, das sind die Nationalisten in dieser Zeit, die für die Ehre Deutschlands und das Vaterlandes kämpfen und gerne Kriege führen gegen Dänemark und andere. Hauptsache ganz Deutschland ist vereint. Und dann gibt es dagegen eine neue Fraktion. Also ich glaube, grundsätzlich bleiben schon diese alten Fraktionen, aber sie haben sich dann scheinbar noch mal ein Saal gesucht, wo sie alle mal reinpassen, wenn es um gemeinsame Interessen geht. Da sammelt sich nämlich dann Westend Hall, noch so eine neue Mischmasch-Fraktion. Der Württemberger Hof, der Augsburger Hof, den hatten wir bislang auch noch nicht. Es ist auch wieder so eine Abspaltung. Und das Casino im Weidenbusch. Also wir haben jetzt quasi zwei große Gruppierungen. Um die Jahreswende 48, 49 in der Paulskirche ist die Vereinigte Linke. Und der Weidenbusch, da sind quasi die Kleindeutschen drin. Und die Vereinigte Linke plus Pariser Hof, der dann doch eher weiter rechts sitzt, die sind also proösterreichisch und setzen sich dann gelegentlich zusammen. Oder sie setzen sich nicht zusammen, aber sie stimmen gemeinsam, wenn es um Österreich geht. Und dann stehen sie auf einer Seite der Rednerliste. Und ja, das ist doch etwas merkwürdig, weil natürlich verbindet die sonst eigentlich nichts. Außer in dieser Einfrage. Da bleibt man dann zusammen. Und umgekehrt gibt es natürlich auch Leute, die sich darüber freuen, dass jetzt Preußen quasi für einen großen Teil der Leute in der Paulskirche die Hauptstimme wird, die Haupthoffnung wird. Und dass man Österreich und das ganze nervige Gedöns irgendwie los ist. Und da möchte ich jemanden jetzt hier mal mit reinbringen, von dem es offenbar keine einzige Rede in der Paulskirche gibt, obwohl er Abgeordneter war die ganze Zeit und auch durchaus einflussreich war, weil er im Verfassungsausschuss eine wichtige Stimme hatte und am Verfassungstext mitgewirkt hat, die ganze Zeit. Vielleicht sagt dir der Name was? Das ist Johann Gustav Droysen.
Solveig
00:32:17
Ja, irgendwas sagt er mir.
Daniel
00:32:18
Ja, aber für Mediavisten ist er nicht so wichtig, glaube ich. Das ist eher, wenn man sich für Preußen interessiert und das 19. Jahrhundert, dann ist es einer der Historiker überhaupt, der immer so als Gegenstück zur Leopold von Ranke gilt, weil er fand nämlich tatsächlich Objektivität bringt uns hier gar nicht weiter in der Geschichtsschreibung. Man muss sich klar bekennen und das wird man jetzt auch merken an dem Brief, den er an den Maler August Kopisch geschrieben hat und ja, sich sehr freut über die neue Zeit, dass offenbar Preußen jetzt immer wichtiger wird und es irgendwie mehr auf Preußen hinausläuft. Und er schreibt dann an August Kopisch Geehrte Herr, die deutschen Angelegenheiten sind in das entscheidende Stadium eingetreten. Wir sind ganz nahe vor der letzten Frage. Von Preußen, von den Hohenzollern erwartet jetzt Deutschland die Antwort. Die Umstände haben die Kombinationen, die wir seit dem Juni vorbereitet, begünstigt. Die Schwierigkeiten der Entscheidung sind groß, aber größer noch ist unsere Zuversicht und Freudigkeit, sie zu überwinden. Noch ein Hurra und die Schlacht ist gewonnen. Die Umstände, sage ich, sind ihrer in Sonderheit drei. Zuerst die Stellung Österreichs. Uns trifft kein Vorwurf der Rücksichtslosigkeit. Wie 1813 haben wir um Österreich geworben. Wir haben die Abgeordneten Preußens mit edelster Selbstverleugnung voran den Erzherzog erwählt. Wir haben sechs Monate geharrt, dass Österreich irgendwie sich zu uns stellte. Während Preußen alles tat, sich ganz hingab, schwieg die Hofburg, das Kabinett, der Reichstag in Wien. Und in den Bedrängnissen der dänischen Frage tat man für Deutschland weniger als nichts. Auch den Befangensten musste es klar werden, dass Österreich, wie nur schon zu lange, Deutschland ins Schlepptau zu nehmen gedenke. Wir mussten endlich klar werden. Jetzt wissen wir, woran wir sind. Erhalten wir das alte Verhältnis der Bundesakte. Auch die Limburger, vielleicht auch die Schleswiger Frage, ist so zu lösen. Bis die gewonnene Neugestaltung innere Verträge möglich macht. Aber Deutschland werde nicht weiter durch Österreich, am wenigsten durch die dreiköpfige Idee gehemmt. Jetzt fällt Preußens ganzes Gewicht in die Schale. Jetzt endlich kann es die große Aufgabe lösen, die ihm seit 1815 Österreich verkümmert hat. So dann ein zweites. Ich spreche mit Stolz davon. Eine größere Prüfung der Zucht und Treue hat nie ein Heer bestanden, als in diesem Jahr das Preußische. Selbst die Ereignisse in Schleswig waren nur eine Zuchtübung mehr. Ich habe diese Tapferen ohne die Erfolge, die sie zu Ertrotzen brannten, hinziehen sehen. Übungen wie das vergebliche Hoffen 1809, wie die Allianz mit dem Todfeind 1812 und dann kam 1813. Für wahr. Der König darf stolz sein auf diesen starken Arm, aber das Volk Preußens und Deutschlands nicht minder. Inmitten der lärmenden, frechen Verwirrung der Masse war und ist dies her eine große Organisation sittlicher Kraft. Nun endlich ist ihm ein Genüge geworden. Unvergesslich wird mir der 18. September in Frankfurt bleiben, mit welchem Selbstgefühl diese viel geschmähten Bataillone von Mainz hier den Dank der Nationalversammlung empfingen. Du erinnerst dich? Das war hier, als Herr Lichnowski sein Leben verlor. Es war der Anfang und nun der Wiedereinzug nach Berlin. Nun das freudige Zusammentreten der Landwehre, nicht allein in den alten Provinzen, sondern auch am Rhein. Der Geist der Armee ist vollkommen gesund. Ein seiner Selbstgewiss, sich selber eine Augenweide. Und das Volk ermahnt sich an demselben. Dann ein Drittes. Die Kleinen, besonders die süddeutschen Staaten, haben lange genug von Neid und Eifersucht gegen Preußen gezehrt. Indem sie lauter und flüchtiger als die Norddeutschen nur sich hörten, deuchten sie sich Wunder wie politisch reif und bedeutend. Sie drückten der Bewegung dieses Jahr nur zu sehr den süddeutschen Stempel auf. Wunderbar, wie dies gewandelt ist. Nicht bloß, dass sie kleinlaut geworden sind, das Verlangen Preußen an der Spitze zu sehen, wird überall lebendig. Selbst die linken Fraktionen der hiesigen Versammlung und der Bevölkerungen bis Nürnberg und Ulm erkennen diese Notwendigkeit in dem Maße, als sie den schreienden Egoismus Österreich sehen und fühlen. Jetzt ist der Augenblick der Entscheidung nahe. Jetzt muss Preußen sich in der ganzen Höhe seines geschichtlichen Berufes, in der ganzen Kraft seiner Wahrhaftigkeit für die deutsche Sache empfinden. Je stolzer und freier, desto gewisser ist der Erfolg. Es hat lange genug an Rücksichten gekrankt. Wir wissen ja, was der König seit 1840 in Wien vergebens gefordert hat. Er vor allem in dem edlen Hochgefühl für Deutschland muss es empfinden, dass nur ohne Österreich Deutschland zu retten ist. Und soll unser Vaterland, wie seit 300 Jahren an der Politik Österreichs hinsiechen, sich endlich verbluten? Ja, ich wage es zu sagen, das kühne und frische Leben Preußens ist darüber ins Stocken geraten, dass es nicht so ganz, wie es gewollt und gemusst Deutsch hat sein können. Jetzt oder nie ist der Zeitpunkt gekommen, so schrieb Jörg am 31. Dezember 1812 an seinen König. Und so sage ich wieder, die Hohenzollern haben das deutsche Kaisertum. Mit diesem Ruf wird das Volk und Heer Preußens ein neuer frischer Lufthauch, ein Aufschwung kommen, wie ihnen nur das Hochgefühl eines sich erfüllenden geschichtlichen Berufes geben kann. Die Zeit der Prüfungen ist erfüllt. Vorwärts, vorwärts. Es liegt etwas providenzielles in den Schickungen dieses Jahres. Ich habe die trübsten Besorgnisse, die vollste Hoffnungslosigkeit aussprechen hören. Aber eine Geschichte wie die der Hohenzollern, wie die Preußens, lügt nicht. Der Sohn Luisens, Gedenke der Worte, die sie nach den Tagen von Tilsit schrieb. Es wird mir immer klarer, dass alles so kommen musste, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar neue Weltzustände ein und soll eine andere Ordnung der Dinge werden, da die Alte sich überlebt hat und als abgestorben in sich selbst zusammenstürzt.
Solveig
00:38:16
Das hat Luise alles geschrieben?
Daniel
00:38:18
Das hat angeblich die Luise geschrieben. Ja, kannst du mal gucken kommen. Wahrlich neue Weltzustände, wie sie die Proklamation vom 18. März vor dem Wahnsinn des entfesselten Pöbels verkündete. Die Welt wird eine andere, wenn sich Deutschland durch Preußen regeneriert und eint, wenn ein freies deutsches Parlament neben dem Kaisertum erfüllt, was das Reichsregiment gegen Karl V vergebens forderte, bis der missbrauchte Sieg über die Bauern eine Reaktion schuf, die endlich das Reich deutscher Nationen vor dem Spanisch werden, nur durch völlige Zersplitterung rettete.
Solveig
00:38:52
Ist einfach mal großer Wurf.
Daniel
00:38:54
Okay, sorry. Jetzt gilt es, dass ein freier Kaiser das freie Reich erhöhe, dass es in Kraft des protestantischen Nordens wiedergeboren werde. Freilich, es gibt große Schwierigkeiten zu überwinden. Die Außerdeutschen fürchte ich nicht, aber Bayern. Und dann schlägt er eben vor, um die Bayern ein bisschen mit reinzuringen, weil die sonst Schwierigkeiten machen könnten, dass man so einen Reichsrat eben soll es ja sowieso geben und dass Bayern da immer den Vorsitz führender Art Reichsrat.
Solveig
00:39:27
Die müssen wir aufpassen.
Daniel
00:39:29
Aber es ist schon krass, also das ist ein Historiker, hallo. Also der ist quasi in Dienst gestellt eigentlich der preußischen Sache. Er hat auch mehrere Bände da über die preußische Politik und die geschichtete Preußen verfasst. Also so eine Dauerhagiaografie über den Beruf Preußens. Also es gibt eine Mission, ja so spricht er das ja. Also ein Ziel in der Geschichte, wo wir gerade in einem uns nicht ganz unbekannten Museum eine Ausstellung haben, die genau das versucht zu zeigen, es gibt kein Ziel in der Geschichte und kein Beruf, den ein Land zu erfüllen habe. Aber das ist irgendwie modisch.
Solveig
00:40:01
In der Jahrhundert waren die schon teleologisch alles strebter, um das Gott gewollt, einen Nationalstaat zu begründen.
Daniel
00:40:07
Und man muss seinem Charakter entsprechen, dem Volkscharakter und so weiter. Ja, das ist der Duktus der Zeit. Und dann kommt plötzlich Herr Rahnke und sagt, ne wir müssen objektiv sein. Das ist die Geschichte. Da hat der Droysen, glaub ich, gar nicht gefahren. Was soll das denn? Ja, also der begrüßt das alles. Und ja, das ist eigentlich aus Anton Ritter von Schmerling geworden. Der ist erst mal ein bisschen beleidigt abgedampft damals, als er dann gehen musste, nachdem das Ziel mit Österreich offensichtlich in die andere Richtung lief, kommt dann aber wieder zurück. Also er ist nach wie vor auch Abgeordneter in der Nationalversammlung und bekommt dann den Status eines österreichischen Bevollmächtigten bei der provisorischen Zentralgewalt. Also er vertritt quasi die österreichischen Interessen gegenüber der Regierung in Frankfurt und er ist dann entsprechend auch vom Casino in den Pariser Hof gewechselt. Also es scheint eben doch Österreicher zu sein, die da sitzen vor allem. Und er tritt dann auch nochmal auf in dieser Debatte. Im Januar ist es dann, glaube ich. Und er hält dann nochmal eine Rede. Meine Herren, der deutsche Mann, der jetzt an der Spitze des Ministeriums steht, also Herr Gagern ist gemeint, und den ich mit Stolz meinen Freund nenne, Bewegung, Heiterkeit. Nein, wohl nicht so ganz hinzuraum. Er hat ein wahres Wort gesprochen, in dem er gesagt, dass wer einem großen Staat angehöre, eine bedeutende Geschichte für sich geltend machen könne. Ich gehöre einem großen Staat an. Ich bin ein Österreicher und ich bin stolz, es zu sein. Und wenn man mir das zum Vorwurf gemacht, wenn man es getadelt, dass ich mich dieses Stolzes gerühmt, so bin ich darüber einige Erläuterungen schuldig. Ich habe Frankfurt verlassen, in dem redlichen Willen dort, wohin ich gereist, für Deutschland zu wirken. Ich bin in Wien angekommen, nachdem ich durch eine Reihe von Monaten von meiner Vaterstadt getrennt war und bin dort mit Beweisen der Achtung und der Anerkennung empfangen worden, die mich tief gerührt. Meine Herren, wofür habe ich sie denn empfangen, diese Beweise? Habe ich die Reichsverfassung in Wien vor einem Eindringen von Meuchelmördern gerettet? Sind Thüringen, sind Baden, wo es mir gelungen, die Anarchie zu bekämpfen, die Provinzen eines österreichischen Kaiserstaates? Bewegung. Wenn man mich in Wien ausgezeichnet, so galt meine Auszeichnung dem, was ich für Frankfurt geleistet, was sich für Deutschland gewirkt. Ich habe in der Rede, die ich in Wien vor meinen Wählern gehalten erklärt, als mich das Vertrauen des Reichsverwesers in seinen Rat beruht, rufen, habe ich mich stolz gefühlt, für Deutschland wirken zu können. Ich hätte aber nie vergessen, dass ich Österreicher sei. Stimmen auf der Linken, vor allem Unruhe. Präsident, meine Herren, lassen Sie die Unterbrechungen. Wir kommen sonst nicht von der Stelle. Und Schmerling. Man hat diese Äußerung vielfach getadelt. Man hat darin das Bekenntnis gefunden, dass ich für Österreich nur im Reichsministerium gewirkt. Ich fordere Sie auf, meine Herren, mir die Beweise dafür zu liefern. Eisenmann vom Platze, die werden folgen. Herr Eisenmann, ich rufe Sie wegen dieser Unterbrechungen zur Ordnung. Herr von Schmerling, ich bitte Sie fortzufahren. Eisenmann, der Redner hat Beweise gefordert, darauf habe ich gesagt, die Beweise würden folgen. Herr Eisenmann, Sie haben den Redner nicht zu unterbrechen. Ich wiederhole deshalb meinen Ordnungsruf gegen Sie. Herr von Schmerling, ich bitte Sie nun mal fortzufahren. Herr von Schmerling, ich bitte Sie nachzusehen, meine Herren, in den Archiven des Ministeriums, wer jene Erlasse geschrieben, wer sie verfasst, die energisch gegen manche Vorgänge in Österreich gerichtet waren. Von mir sind sie verfasst. Ich habe gesagt, ich sei stolz, ein Österreicher zu sein. Ich wiederhole, meine Herren, ich bin es. Machen Sie, dass Deutschland groß und mächtig und einig sei, dann wird es eine Geschichte haben, eine deutsche Geschichte. Bis jetzt, meine Herren, gibt es leider keine deutsche Geschichte. Auf der Linken, oh, oh, pfui. Was für eine These. Präsident, ich habe am wenigsten erwarten dürfen, dass bei einer Diskussion von so hoher, so unermesslicher Wichtigkeit wie die gegenwärtige, es meinen Kräften nicht gelingen sollte, durch Berufung auf das Gesetz die Ruhe in diesem Hause aufrecht zu erhalten. Von Schmerling. Gehen Sie, meine Herren, nach Preußen. Man wird mit Stolz von dem alten Fritz, von dem Marschall vorwärts erzählen. Gehen Sie nach Österreich. Man wird vor dem Kaiser Josef. Man wird von dem Prinzen Karl sprechen. Ähnlich in Württemberg. Ähnlich in Bayern. Denn leider ist der Zeitpunkt sehr fern von uns gelegen, wo man ein einiges mächtiges Deutschland hatte, so fern, dass es beinahe vergessen ist. Zirnen Sie daher den Männern nicht, die sich an die jüngste Vergangenheit halten, wenn sie auch die Hoffnung für eine schöne Zukunft nicht aufgeben. In dem Sinne habe ich gesagt, dass ich mit Stolz Österreicher sei und weil Österreich eine Geschichte für sich hat und weil es tausend Erinnerungen hat, die die Brust des Mannes und des Knaben beseelen, wenn er in der Geschichte des österreichischen Staates liest. Unruhe. Deshalb rühmt man sich seine Abstammung. Man hat, meine Herren, auch tadelnd mir zum Vorwurf gemacht, dass ich in der Rede, die ich in Wien gehalten habe, darauf hingewiesen, dass die Integrität Österreichs, die Gesamtmonarchie, aufrechtgehalten werden müsse. Ich habe nur damit wiederholt, was bedeutende Männer hier mit Zustimmung dieses Hauses ihnen erklärt und längst von Staatsmännern als ein Akt der Notwendigkeit anerkannt wurde. Aber ich habe beigefügt, dass ich es für die Aufgabe meiner nächsten Lebenszeit halte, dahin zu wirken, dass zwischen Österreich und Deutschland das innigste und festeste Band geknüpft werde zum Gedeihen dieser beiden Staaten. Auf der Rechten, bravo! Meine Herren, wenn ich mir erlaubt habe, in dieser so wichtigen Angelegenheit die Aufmerksamkeit dieses Hauses mit meiner Person zu beschäftigen, so geschah es, weil man in der neuesten Zeit mich und Österreich beinahe identifiziert hatte. Heiterkeit! Ich gehe daher meine Herren zur Sache selbst über. Meine Herren, die österreichische Regierung spricht sich auf das Entschiedenste dahin aus, dass sie fern sei, die künftige Gestaltung Deutschlands zu beirren. Ich bin von der Wichtigkeit dieser Bildung so durchdrungen, dass ich mein Amt so gleich niederlegen würde, wenn mir die Zumutung würde, zu wirken, dass die Gestaltung Deutschlands durch Österreich gehindert werden sollte. Ich wünsche meiner Herren mehr als irgendjemand in diesem Hause, dass Deutschland bald kräftig und einig sich formen möge. Ich glaube allerdings, und das bekenne ich offen, es wäre für Deutschland eine bei weitem leichtere Aufgabe, diese Gestaltung zu gewinnen, wenn Österreich nicht ein Bestandteil Deutschlands wäre. Ich erkenne vollkommen an, dass die Verfassung Deutschlands vielleicht zur Stunde schon vollendet sein könnte, ja schon ins Leben getreten wäre, wenn nicht Österreich in ihm bestände. Aber, meine Herren, Sie müssen die Macht der Verhältnisse und der Tatsachen anerkennen. Sie können darum, weil ein Teil Deutschlands, das deutsche Österreich, durchaus nicht in der Lage ist, alle seine näheren Beziehungen zu Deutschland so hart und klar hinzustellen, es nicht ausschließen. Sie dürfen darum nicht das Gebäude der Verfassung so entwerfen, dass notwendig der Ausfall Österreichs aus Deutschland vorgehen muss. Sie haben vielmehr die Verpflichtung, auf die eigentümliche Stellung Österreichs zu Deutschland Rücksicht zu nehmen, bei dem Bau der Verfassung, die sie für ganz Deutschland geben. Also er gibt ja selber zu, wir wären eigentlich schon fertig mit der Verfassung, wenn es Österreich nicht gäbe. Und dann sagt er aber bitte, bitte, bitte, bitte, schmeißt uns doch nicht raus. Wir wollen wirklich gerne dabei sein. Bitte irgendwo eine Tür einbauen, wo wir wieder reinkommen können. Und man muss natürlich dazu sagen, in der ganzen Zeit, wo das hier debattiert wird, steht ja was im Hintergrund. Denn es ist ja schon klar, es wird keine Republik sein. Das will nur eine verschwindende Minderheit auf der Linken. Da ist es klar, es soll eine Monarchie geben. Das ist eigentlich, es läuft darauf hinaus letztlich. Es gibt da noch eine Debatte, wie das genau, das gucken wir uns nächstes Mal an. Aber das muss man immer im Hinterkopf haben, dass letztlich, wenn jetzt ein Preuß zum Kaiser gekürt wird, dann würde kein österreichischer Kaiser mehr zu Deutschland kommen und sich quasi dem unterordnen. Ja, und jetzt müssen wir diese Verfassung bauen, wie er gesagt hat. Und da gibt es ein schönes Bild, das ein anderer Abgeordneter aus Köln hier hereinbringt, Franz Ravaux, der sitzt links liberal im Westend Hall, nur um das immer noch mal dazu zu sagen. Wir können das im Schema immer noch mal nachvollziehen. Und der kommt, ja womit soll man schon kommen, wenn man aus Köln kommt? Da gibt es ein Bauwerk, das hier als Daumen. Sie wissen, ich bin aus Köln. Dort steht das Symbol der deutschen Einheit. Ich habe noch nie davon gesprochen, aber der Herr Minister von Beckerath hat es ihnen ein paar mal gesagt. Gelächter auf der Linken. Meine Herren, ich betrachte das nicht als eine Lächerlichkeit. Ich sage Ihnen, es ist mir wahrhaftig ernst. Reißen Sie eine Säule aus diesem Dome und er wird zusammenstürzen und als Ruine darliegen. Er kann nur erhalten werden in seiner großartigen Einheit und wenn wir nur das Geringste wegnehmen, würden wir ihn verunstalten und zur Ruine machen. Ich habe noch einen zweiten Beweggrund, der mich so fest an das Reich kettet. Unsere uralte Stadtdivise von Köln, die auf Plattdeutsch so heißt, Halt Fass am Reich doch Kölsche Bohr und mach et Fallen süß auf Sohr. Aber auf gut Deutsch, Halte fest am Reich, du kölnischer Bauer, mag es nun fallen, süß oder sauer. Lebhafter, lang andauernder Beifall auf der Linken und dem linken Zentrum. Man muss dazu sagen, das ist das Ende seiner Rede. Sie applaudieren jetzt vielleicht nicht nur für das Plattdeutsch, das er da vorgetragen hat. Aber ich muss das noch mal reinbringen, weil selbst Friedrich Wähler, der Vierte, der beim Dombaufest noch im August 1848 wieder den Dom als deutsches Nationalkathedrale gerühmt. Das tut immer so national.
Solveig
00:49:33
Als protestantisch.
Daniel
00:49:34
Als protestantischer Schön. Der aber irgendwie Mittelalter mag. Das, was er sich darunter vorstellt jedenfalls.
Solveig
00:49:41
Ja, also ich finde es auch schon eine interessante These, dass wenn man aus dem Dom eine Säule entfernt, dass der sofort zusammenbricht.
Daniel
00:49:47
Das werde ich nicht beurteilen. Nicht Statiker. Jetzt haben wir diverse Bauwerke gebrannt in letzter Zeit, auch Kirchen darunter.
Solveig
00:49:54
Das ist korrekt. Ich meine, das war ja über Jahrhunderte nicht fertig gebaut und stand da als Ruine. Wenn man jetzt was entfernt von dem, was wir da neu gebaut haben, bleibt das, glaube ich, das alte bleibt trotzdem stehen.
Daniel
00:50:05
Du meinst das ursprünglich Mittelalterliche.
Solveig
00:50:07
Genau. Der echte Dom.
Daniel
00:50:09
Also bitte, entschuldige mal. Okay, wir verlassen Köln mit da und gehen zu denen, die das hauptsächlich betrifft, hier diese ganzen Entscheidungen. Und deswegen möchte ich gerne bitte noch eine Wiener Stimme mit hineinbringen. Und zwar Josef von Wirth wird sprechen, der auch im Casino saß und dann in den Pariser Hof hinüber gerückt ist, weil er sich eben nicht nur aus Österreich kam, sondern auch so fühlte und sein Land hier weiter mit drin haben wollte.
Solveig
00:50:37
Besseres Schöne wäre, wenn man noch die Dialekte mitsprechen könnte.
Daniel
00:50:40
Ja, das wäre richtig geil.
Solveig
00:50:41
Das wäre richtig.
Daniel
00:50:42
Ja, das wäre mir nicht mal bei dem einen Satz gelungen so richtig.
Solveig
00:50:47
Das wäre richtig.
Daniel
00:50:48
Vielleicht kann das die KI demnächst auch übernehmen. Also stellt euch bitte einen wienerischen Einschlag vor, wenn ich hier lese. Das braucht viel Fantasie, ich weiß. Dann ist der Vortrag von Herrn Wirth vielleicht authentischer in eurem Kopf. Der sagt am 12. Januar 1849 in der Nationalversammlung, wir werden aufgefordert, eine Teilung von Deutschland vorzunehmen, wie sie in der deutschen Geschichte noch nicht vorgekommen ist. Habt ihr keine Ahnung, was da noch kommt?
Solveig
00:51:18
Wart mal ab, mein Freund.
Daniel
00:51:20
Okay, wie sie in der deutschen Geschichte noch nicht vorgekommen ist. Wir sollen an Deutschland tun, was im römischen Weltreich die Scheidung in das Ost- und Weströmische Reich war. Größer geht es nicht. Wir sollen tun, was der Vertrag von Verdun am reiche Karls des Großen vollzog. Da musst du vielleicht noch mal kurz helfen. Das war das, wo die unter den Söhnen das aufgeteilt haben.
Solveig
00:51:43
Ah, der Karl. Ich war gerade... Der Karl der Große. Ja, die hatten ja keine Primarien.
Daniel
00:51:49
Heute verdient man andere Dinge mit Verdun.
Solveig
00:51:50
Ich wollte gerade sagen, ich war auch so, hä, wieso redet ihr hier von Schwarzenberg?
Daniel
00:51:53
Für die ist das das letzte große Ereignis in Verdun, der Vertrag über die Teilung des fränkischen Reiches. Okay, zurück zum Thema. Wissen wir nicht, dass die östlichen und westlichen Teile des römischen Reiches sich unaufhörlich, offen und heimlich befedeten, bis das Westreich einen schnellen Untergang fand? Wissen wir nicht, dass in Folge des Vertrags von Verdun in England und Frankreich die germanische Nationalität von der Romanischen völlig überwältigt wurde? Sollten wir diese Lehren der Geschichte uns nicht zur Warnung dienen lassen? Wohl kann man, meine Herren, in einem Augenblick zerstören, was lange Jahre zu schaffen, zu vereinigen, bemüht waren. Hüten wir uns aber zu handeln wie Kinder, die am Zerstören ihre Freude haben. Sie, meine Herren, können das Wort aussprechen, welches Österreich von Deutschland scheidet. Sie können Ihren deutschen Brüdern, die sich nach dem Reiche wie nach einer fernen Geliebten sehnen, die bei ihrer Märzerhebung von dieser Sehnsucht mitgetrieben waren, das Tor verschließen, das wir durch Metternichs Sturz für immer gesprengt glaubten. Bedenken Sie aber die Folgen. Lassen Sie sich nicht von der Hoffnung täuschen, dass das, was Sie jetzt gewaltsam trennen, so schnell sich wieder zusammenfügen werde. Die deutschen Länder Österreichs waren immer Kernlande des Deutschen Reichs. Sie waren immer ein Teil von Deutschland. Sie wollen es bleiben. Sie wollen die tausendjährigen Bande nicht aufgeben, die sie mit ihren deutschen Brüdern verknüpften, die nie zerrissen wurden, als in den verhängnisvollen Jahren des Rheinbundes, in welchen Deutschland mehr in Österreich war als in Deutschland. Sprechen sie es aus, das Wort, welches Österreich von Deutschland scheidet, aber es wird schmerzlich bei uns empfunden werden. Ich fürchte, der Augenblick wird nicht geeignet sein, um das, was sie getrennt haben, wieder zu verbinden. Wenn in der Natur bei chemischen Scheidungen die Stoffe, die am festesten aneinander hielten, auseinandergehen, so haben sie nach einem Naturgesetz die größte Neigung, sich mit anderen, ihnen sonst wenig verwandten Stoffen zu vereinigen. Ich besorge, sie werden die Erfahrung machen, dass dieselbe Naturgesetz auch in der moralischen Welt im Leben der Völker gilt. Österreich wird, wenn es von Deutschland gegen seinen Willen getrennt ist, den Einfluss, den es bisher immer in Deutschland hatte und den es jetzt aufgeben soll, zu erhalten suchen. Es wird die Missstimmung benutzen, die in vielen Teilen Deutschlands gegen die neue Gestaltung der Dinge vorhanden sein wird. Es wird auf die Schwäche und Zerrissenheit Deutschlands spekulieren. Deutschland dagegen wird, wenn sie diese Trennung vornehmen, mit den abgetrennten deutsch-österreichischen Provinzen, deren Verlust es nicht verschmerzen kann, beständig liebäugeln. Es wird die deutschen Brüder, die von Deutschland losgerissen sind, wieder zu sich herüberzuziehen suchen. Es wird beständig hinarbeiten auf den Zerfall des österreichischen Kaisertums. Hört, hört! Ich fürchte, wenn wir die Trennung vollziehen, so wird Österreich-Deutschland und Deutschland-Österreich zu erobern suchen. Beide werden sich dabei verbluten unter dem Hohn und dem Jubel unserer gemeinsamen Feinde. Freuen werden sich dabei nur die Deutschland-feindlichen Mächte Russland, England, Frankreich. Wow, das ist mal Prophezeiung fast. Ja, es geht hoch mit den Emotionen. Und ja, in Anschluss daran reagiert eben noch ein anderer Abgeordneter, der Herr von Beckerath, bei dem hatte ich auch ein längeres Stück rausgesucht, aber ich dachte, das reicht jetzt vielleicht auch. Und dessen Hauptzitat hatte ich eben schon ganz an den Anfang gestellt, der dann irgendwann hinaus brüllt, so stelle ich es, bevor die Paulskirche, dass das Warten auf Österreich, das Sterben der deutschen Einheit ist. Weil er sagt, wenn jetzt der Enkremsir, der Reichstag jetzt überhaupt erst anfängt, mit seiner Verfassung richtig fertig zu werden, dann sitzen wir ja noch sechs Monate, bis wir überhaupt erfahren, wie die Österreicher sich das eigentlich vorstellen. Und bis dahin ist eigentlich auch schon alles verloren.
Solveig
00:55:39
Da ist die Luft raus, da hat doch keiner mehr Lust.
Daniel
00:55:41
Und das heißt, die jetzt in der klein-deutschen Abteilung sitzen im Parlament, die freuen sich und können es gar nicht fassen, als am 23. Januar 49 die preußische Regierung eine Zirkularnote an die deutschen Regierungen schickt, in denen sie vorschlägt, wir könnten einen klein-deutschen Bundesstaat gründen.
Solveig
00:55:59
Hm?
Daniel
00:55:59
Und jetzt plötzlich aus Berlin irgendwie von der Regierung, sag ich ja, okay, machen wir.
Solveig
00:56:04
Toll, ne? Ist das nicht diese Twitter-Lösung gewesen?
Daniel
00:56:07
Nee, nee, also der Bundesstaat ist Bundesstaat, ja. Also klein-Deutschland, so wie wir das dann nachher kennen als Kaiserreich, das ist der Bundesstaat, was sie meinen. Und was sie dann eben dazu vorschlagen, was der Gagern irgendwie so zur Beruhigung versucht, ist, dass man, dass dieses neue Deutsche Reich dann quasi ein Staatenbund mit Österreich eingeht. So wie der Deutsche Bund halt.
Solveig
00:56:28
Genau, das war ja dieses...
Daniel
00:56:29
So Schutz und Trutz zusammensteht und so weiter. Aber jetzt plötzlich sagt Berlin eben, ja, ist okay, lasst uns doch einen kleinen deutschen Bundesstaat begründen. Ja, und die Österreicher sind ein bisschen verwirrt. Wie kommt das denn jetzt bitte? Also was ist mit dem preußischen König los? Der stand da wohl aber auch nicht so ganz hinter. Also es ist eher die preußische Regierung, die darauf eingehen möchte, die das offenbar ganz sympathisch findet. Wenn die deutsche Nationalversammlung ihr Glück plötzlich in Berlin sucht, dann sagen sie, ja, lasst uns das machen. Und dann sind die Österreicher aber ein bisschen pikiert. Und natürlich, wenn der Kaiser dem König schreibt, wird der Friedrich Wilhelm, der ist ja doch eher im Mittelalter. Und dann das Alte Reich so ein bisschen in seinem Kopf. Und für den ist klar, die Habsburger sind eigentlich Kaiser. Und ich habe gar kein Recht dazu. Und ja, es gibt eine Beschreibung quasi dieser Zeit oder diese Wochen, in denen dieser Vorschlag der preußischen Regierung im Raum steht, vom sächsischen Gesandten in Wien, das ist der gewisse Graf Fittsturm. Ich glaube, der hat den früher schon mal irgendwann zitiert und der findet, dass das für seine sächsische Heimat vielleicht nicht so toll wäre, wenn das jetzt Wirklichkeit würde. Ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, an wen er genau schreibt. An seine Mutter. Die Depesche vom 4. Februar lässt sich in einem Satz resümieren. Hier steht der Kaiser von Österreich, dort die Revolution. Will Preußen in dem gegenwärtigen Augenblick einen Bürgerkrieg heraufbeschwören und sich zum Vorkämpfer der Revolution machen? Oder die durch eigenes Verschulden verscherzte Freundschaft Österreichs zurückgewinnen? To be or not to be, that is the question. Siegt Österreich in diesem Kampf? Er möge mit dem Schwert oder mit der Feder ausgefochten werden, so ist Sachsen gerettet. Siegt Preußen? So sind wir eine preußische Provinz. Bürgerkrieg steht im Raum. Da ist Friedrich Wilhelm niemand, der das durchhalten würde. Das heißt, Preußen knickt ein Monat später ein. Und sagt, Entschuldigung, haben wir irgendwas falsch formuliert?
Solveig
00:58:22
Das war eine Misskommunikation.
Daniel
00:58:24
Das war hier diese eine Beamte, der Staatssekretär. Den entlassen wir mal.
Solveig
00:58:26
Ja, der hat da was weggeschickt, was er gar nicht weggeschickt hat.
Daniel
00:58:29
Und dann holt man den preußischen Gesamtmann aus Wien, der wird der neue Staatssekretär und der Kaiser oder Herr Schwarzenberg findet das dann gut. Jetzt, okay, dann sind wir wieder einer Meinung.
Solveig
00:58:38
Fehler passieren ja mal.
Daniel
00:58:40
Ja, da hatten sie mal kurz einen Ausreißer und dachten, hm, okay, ist eigentlich gar nicht so schlecht, wenn wir jetzt Deutschland führen. Aber dann macht man sich halt aus österreichischer Sicht mit der Revolution gemein. Da hätte bestimmt der Nix, der Schwager vom preußischen König, Nikolaus I., vielleicht auch noch seine Truppen von Ungarn weiter nach Westen geschickt, um wieder aufzuräumen. Anderes Thema. In Österreich werden jetzt Tatsachen geschaffen. 4. März 49 hat die österreichische Regierung jetzt auch die Schnauze voll von den Debatten in Kremsir und sagt, reicht jetzt? Ähnlich wie in Berlin schon deutlich früher. Wird aufgelöst und am selben Tag erlässt Kaiser Franz Josef. Oktruiert eine Verfassung für Österreich.
Solveig
00:59:23
So schnell kann es gehen.
Daniel
00:59:23
So schnell kann es gehen. So wie eben das der Vetter in Berlin schon vorgemacht hat. Und er sagt dann dazu oder lässt verlauten, diese Verfassung, welche nicht bloß die in Kremsir vertretenen Länder, sondern das ganze Reich im Gesamtverbande umschließen soll, ist es, was die Völker Österreichs mit gerechter Ungeduld von uns erwarten. Und so tritt das also nun in Kraft. Und am 9. März schreibt der Schwarzenberg auch an den Anton Ritter von Schmerling in Frankfurt über die neuen Verhältnisse. So, wir haben jetzt eine Verfassung, wir haben jetzt Gesamtstaat. Richte dich bitte danach aus. Hör auf hier mit dem Lieb, euer Gelein noch immer in diese deutsche Richtung. Und Schwarzenberg fordert eben den Eintritt der gesamten Harpsburger Monarchie in das deutsche Reich. Also entweder ganz oder gar nicht. Also nehmt uns alle auf, bitte. Wir werden ein 70 Millionen Reich sein, der das dann eben, das habe ich, glaube ich, damals in der Blumenfolge schon einmal erwähnt, dass es darauf hinaus lief, aus seiner Sicht, er verlangt, dass in der Verfassung dieses großen, sehr großen deutschen Reiches ein Staatenhaus existieren sollte, also quasi wie Bundesrat heute, der aber nicht gewählt werden sollte, was ursprünglich vorgesehen war. Und dass eben Österreich, weil es jetzt das große Österreich drin ist, 38 von 70 Stimmen bekommen sollte, also entsprechend immer noch die Vormacht, dann wäre, oh, das ist klar, das ist völliger Humbug, das kriegen selbst die Österreicher nicht durch in der Paulskirche. Und dann sagt der Schmerling auch, okay, dann war es das mit meiner österreichischen Gesandtschaft. Das Amt mache ich hier nicht mehr und fährt dann auch bald zurück nach Hause. Und mit ihm fahren dann mehrere österreichische Abgeordnete auch mit Pause, weil sie sagen, hat es keinen Sinn mehr, dass wir überhaupt in den Bänken sitzen und versuchen da Wien quasi ins Reich zu integrieren. Die wollen das nicht und das ist vorbei. Und kurz danach als Reaktion darauf gibt es tatsächlich einen krassen Vorschlag. Am 12.3. ein Ex-Österreich-Befürworter Karl Welker, Pariser Hof, wie alle in dieser Folge fast, schlägt dann vor, lasst uns jetzt sofort die komplette Verfassung, so wie sie jetzt steht, auf dem Block annehmen. Wir debattieren hier nicht mehr die einzelnen Paragrafen. Wir haben schon einen Textvorschlag. Jetzt abstimmen, Verfassung annehmen, Kleindeutsch, Friedrich Wilhelm wird Kaiser, der König vertreußen. Dann gucken sich alle einmal groß an. Genau. Was ist jetzt los? Wer sagt jetzt einfach so, jetzt sind sie raus, jetzt müssen wir nicht mehr warten. Lass uns jetzt Nägel mit Köpfen machen. Das hat schon eh viel zu lange gedauert. Lass es uns tun. Ja, aber wie das ausgeht, erfahrt ihr in der nächsten Folge. Zusammen mit der großen Frage, die hier eben immer im Hintergrund steht, wer wird eigentlich Kaiser oder gibt es einen, soll es einen Kaiser geben oder welche alternativen Modelle?
Solveig
01:02:08
Die Bayern.
Daniel
01:02:08
Wir wurden da eigentlich noch gedacht, um Gottes Willen, die Bayern, von denen müssen wir Angst haben, laut Herrn Droysen. Ja, aber über das Ausscheiden Österreichs, möchte ich noch ein letztes Wort verlieren, beziehungsweise nicht ich, sondern der Dichter Ludwig Uhland, der eben auch Abgeordneter in der Paulskirche war. Und im Zusammenhang mit der Kaiserfrage, das eben auch noch mal aufgreift, was ihm da so weh tut, der ist fraktionslos, aber im Märzverein aktiv, also gehört der Linken an, und der erklärt am 23. Januar 49. Ich lege noch meine Hand auf die alte offene Wunde, den Ausschluss Österreichs. Ausschluss, das ist doch das aufrichtige Wort, denn wenn ein deutsches Erbkaisertum ohne Österreich beschlossen wird, ist es nicht abzusehen, wie irgendwann Österreich noch zu Deutschland treten werde. Manchmal, wenn in diesem Saal österreichische Abgeordnete sprachen, und wenn sie gar nicht in meinem Sinne redeten, war mir doch, als ob ich eine Stimme von den Tiroler Bergen vernehme oder das adriatische Meerrauschen hörte. Wie verengt sich unser Gesichtskreis, wenn Österreich von uns geschieden ist? Und das ist ein Wort, das würde ich dann tatsächlich unterschreiben.
Solveig
01:03:19
Das Wetter wird so viel schlechter.
Daniel
01:03:20
Das Wetter wird schlechter als an der Adria, vermutlich schon. Aber ich meine, doch auch der Gesichtskreis verengt sich. Denn das, was Österreich ausmacht, ist ja doch der slawische Anteil und der Bezug nach Osten und nach Süden in Europa, der dann irgendwie diese Anteil und diese Stimme wird in Deutschland nicht mehr dann gehört werden.
Solveig
01:03:37
Nicht mehr länger erklingen.
Daniel
01:03:39
Und die Wellen der Adria verklingen auch hinter den Alpen. Ja, in diesem Sinne, Teil zwei, wir wählen einen Kaiser oder vielleicht auch nicht, dann vielleicht nach einer nicht ganz so langen Wartezeit, wie auf diese Folge. Ich danke dir, Solveig, für das Kommen.
Solveig
01:03:55
Ja, gerne.
Daniel
01:03:56
Ich danke euch allen, dass ihr Flurfunk Paulskirche folgt. Und oh mein Gott, ich habe nicht nachher nachgedacht. Jemand hatte noch geschrieben, ich bin auch da, nicht nur Andreas. Jetzt habe ich den Namen gerade nicht im Kopf, aber fühle dich gemeint und natürlich. Wir wissen, du bist auch da. Es gibt vielleicht doch eine Handvoll Leute, die auch Flurfunk Paulskirche verfolgen. Und hier regelmäßig oder unregelmäßig eher auf der Galerie Platz nehmen und dank dafür, dass ich nicht der Einzige bin, der diesen Wahnsinn hiermit macht.
Solveig
01:04:23
Die mir Gesellschaft in der Galerie leisten.

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